Mit ornamental arrangierten Filmstreifen erinnert Carola Dertnig an das Design eines finnischen Haushaltsgeschäfts: ("..Marimekko ALMA..", 2015).

Foto: stefan lux

Es ist nicht das erste Mal, dass sich Carola Dertnig mit dem Werk einer Wiener Szenefigur auseinandersetzt: Da gab es den legendären Performer Struppi, die fiktive Aktionistin Lora Sana, die fast vergessene Architektin Anna Lülja-Praun oder auch den Regisseur Ernst Schmidt Jr., der nun Ausgangspunkt einer neuen Arbeit der Künstlerin ist.

Interessiert an den alternativen Kunstgeschichten des Landes, hat sich Carola Dertnig (geb. 1963 in Innsbruck) immer wieder um die Aufarbeitung experimenteller Ansätze, aber auch um vernachlässigte künstlerische Bestände und das Sichtbarmachen unterrepräsentierter Positionen bemüht.

Nicht so verwunderlich also, dass der Bruder und Nachlassverwalter des österreichischen Filmemachers Ernst Schmidt Jr. der österreichischen Künstlerin nun das Ausgangsmaterial für ihre jüngste Arbeit selbst angeboten hat: Es handelt sich dabei um digitalisierte, teils fragmentierte Filmstreifen, die bereits der Filmemacher mit Farben bemalt hat und die Dertnig nun einer erneuten Bearbeitung unterzog.

Das Medium Film ließ sie dabei allerdings unangetastet. Vielmehr überrascht die Ausstellung in der Wiener Galerie Andreas Huber mit einer Reihe großformatiger Bilder, auf denen man ganz spezifische Anordnungen weitgehend abstrahierter Filmstreifen sieht: Während Dertnig mit einem choreografisch anmutenden Muster etwa auch der Bühnenfigur Conchita Respekt zollt, wird mit Marimekko auf das Design eines finnisches Haushaltswarengeschäfts verwiesen und der Betrachter so bewusst an Techniken des Handwerklichen herangeführt.

Erinnerungen an die 1960er

Gleichzeitig wird mit Bildtiteln (Vanilla Fudge, u. a. nach der psychedelischen Band) auch an jene Jahre erinnert, in denen Ernst Schmidt Jr. die Bilder für seine filmischen Experimente aufgenommen hat: etwa an die Uni-Aktion Kunst und Revolution im Jahr 1968 sowie an Materialaktionen von Otto Muehl oder Günter Brus.

Von den damaligen Protagonisten ist bei Carola Dertnig freilich nicht mehr so viel zu erkennen: Schließlich hat sie die Aufnahmen noch weiter verfremdet, indem sie die Filmstills abfotografiert und erst dann mit einer speziellen Technik auf die Leinwände übertragen hat. Anstelle der Körperbezogenheit der ursprünglichen Filmbilder betont sie die textile Materialität der Leinwand (nicht alle Bilder sind aufgespannt) sowie die Prozesshaftigkeit des Arbeitsverfahrens, die ein sichtlich respektvolles Herantasten an das Ausgangsmaterial darstellt.

Im letzten Raum führt ..moreau moreau.. die unterschiedlichen Genres und einige wichtige Themen noch einmal zusammen: Auf einem Seidentuch ist dort ein Bild der französischen Filmikone Jeanne Moreau zu sehen, das man vorsichtig wegblasen kann, sodass darunter weitere Filmstills von Ernst Schmidt Jr. zum Vorschein kommen. Freigelegt werden auf diese sehr sinnliche Weise auch ein paar spannende Fragen zur (kunst)historischen Sichtbarkeit und Gewichtung von Genres und Techniken. (Christa Benzer, DER STANDARD, 25.4.2015)