Bild nicht mehr verfügbar.

Yanis Varoufakis und Euclid Tsakalotos gemeinsam unterwegs. Bei den Verhandlungen mit den Geldgebern soll aber künftig Tsakalotos im Vordergrund stehen.

Foto: Reuters/KONSTANTINIDIS

Samstagabend, nach dem Debakel von Riga, kam Yiannis Varoufakis aus der Villa Maximos, dem Amtssitz des griechischen Premiers, setzte sich den Helm auf und jagte auf seinem Motorrad die ruhige Straße am ehemaligen königlichen Park hinunter in den Athener Stadtverkehr. Ein Mann mit 120 PS Frust.

Varoufakis sei einmal mehr unvorbereitet in ein Treffen der Eurogruppe gegangen, kritisierte die griechische Presse nach der Sitzung vergangenen Freitag in der lettischen Hauptstadt. Griechenlands Finanzminister wurde dieses Mal beschimpft; einen Spieler, Amateur und Zeitverschwender sollen ihn die Kollegen aus der Eurozone genannt haben. Er sei mittlerweile einigermaßen genervt, gab Ressortchef Hans Jörg Schelling an. "Sie sind alle einstimmig in ihrem Hass gegen mich und ich heiße ihren Hass willkommen", twitterte Varoufakis.

Krisensitzungen

Am Montag, nach zwei Krisensitzungen der Links-rechts-Regierung von Premier Alexis Tsipras am Wochenende, stand die Teilentmachtung des umstrittenen Finanzministers fest. Tsipras mochte dem Wirtschaftsprofessor mit der Bruce-Willis-Attitüde zwar öffentlich den Rücken stärken; das Verhandlungsteam für Brüssel ist dennoch umgebaut worden und Varoufakis nicht länger der tonangebende Mann.

Parlament soll Reformen beschließen

Zudem wurde Montagabend bestätigt, dass die griechische Regierung ihre Reformvorhaben nun in Gesetzesform gießen und damit den Forderungen der Gläubiger nachkommen will. Diese Schritte würden derzeit vorbereitet, erklärte das Finanzministerium. Geplant seien Reformen im Haushalts- und Steuerrecht, ebenso Änderungen der Verwaltungsstrukturen, Fernsehlizenzen und Steuern auf Fernsehwerbung.

Vizeaußenminister übernimmt

Statt Varoufakis soll künftig Euklid Tsakalotos, Vizeaußenminister und wie Varoufakis ein Ökonomieprofessor, der das Wirtschaftsprogramm der Linkspartei Syriza mitgeschrieben hat, die Verhandlungen mit den Kreditgebern bei EU, EZB und IWF koordinieren. Varoufakis wird dieses Team "überwachen", hieß es Montag in Athen.

Auch Varoufakis' Generalsekretär im Finanzministerium, Nikos Theocharakis, erhält eine neue Rolle. Er leitete bisher die technischen Gespräche mit den Vertretern der Kreditgeber in den Athener Hotels und in Brüssel; diese Aufgabe übernimmt nun Giorgis Chouliarakis, ein Vertrauter des weitgehend im Hintergrund wirkenden Vizepremiers Yiannis Dragasakis. Der Exkommunist hat als einziges Kabinettsmitglied von Syriza frühere Regierungserfahrung und koordiniert offiziell die Finanzpolitik.

Tempo wird höher

Tsipras hatte nach dem ergebnislosen Treffen der Eurogruppe mit der deutschen Kanzlerin Angela Merkel telefoniert. Dabei hatte der griechische Premier erneut ein höheres Tempo bei den Verhandlungen über eine Reformliste zugesichert, auf deren Basis eine Kreditrate von 7,2 Mrd. Euro an Athen ausgezahlt werden soll. Im März, nach einer ersten Unterredung mit Merkel und Kritik an den vagen Präsentationen Varoufakis', hatte Tsipras eine aufgebesserte, 26 seitige Liste mit Reformplänen vorlegen lassen.

Die konservative Opposition und parteiunabhängige Finanzexperten in Athen kritisieren die Grundhaltung der Tsipras-Regierung, die glaube, das Kreditproblem politisch mit den Regierungschef in der EU lösen zu können. Varoufakis operiere im Finanzministerium nur mit einem kleinen Kreis von Beratern, darunter die frühere Pasok-Abgeordnete Elena Panaritis, die Projekte für die Weltbank abwickelte und als Beraterin ausländischer Regierungen arbeitete. Von der Sachkompetenz des Ministeriums mache Varoufakis wenig Gebrauch. Eine Reihe von Syriza-Politikern unterstützt die Idee eines Referendums über ein Kreditabkommen. (Markus Bernath aus Athen, 28.4.2015)