Sängerin Agnes Heginger eröffnet im Quartett mit Elisabeth Harnik, Uli Winter, und Fredi Pröll das Kaleidophon-Festival in Ulrichsberg.

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Ulrichsberg - Drei Jahrzehnte im Dienste einer Musik tätig zu sein, die zwar längst keinen Avantgardeanspruch mehr stellen kann, die sich aber nach wie vor durch sperrigen Nischencharakter auszeichnet, das ist ein Umstand, der Respekt abverlangt. Das Jazzatelier Ulrichsberg in Gestalt seines langjährigen Leiters Alois Fischer veranstaltet 2015 zum 30. Mal das Kaleidophon und lockt damit eine kleine, aber sehr internationale Schar von Improvisationsmusik-Freaks ins nördliche Mühlviertel.

Akustische Spontanmusik steht traditionell im Zentrum des Kaleidophon-Programms, wie gehabt mit Ausreißern in Richtung zeitgenössischer Komposition: Letztere Position wird heuer von Violinistin Annelie Gahl verkörpert, die Werke u. a. von Kurtag zu Gehör bringt, gleichsam als Präludium Vokalistin Tiziana Bertoncini und Analogsynthesizer-Meister Thomas Lehn (3. 5.).

Improvisations-Urgestein Barre Philipps

Im Aufgebot der Improvisatoren findet sich eine historische Gestalt: Der 80-jährige US-Bassist Barre Philipps, der in den 1960ern mit Eric Dolphy auftrat, ehe er nach Europa übersiedelte, wird im Trio aufspielen und mit Kollegen - getreu der Bandphilosophie - ohne jede Absprache in Kommunikation treten (1. 5.).

Barre Philipps ist tags darauf auch in einem Solokonzert in der Pfarrkirche Ulrichsberg zu belauschen. Am anderen Ende der Besetzungsskala rangiert das aus dem Ruhrpott stammende, von Saxofonist Jan Klare geleitete 25-köpfige Ensemble The Dorf, das seine wuchtigen kollektiven Klangmassen auch immer wieder groovig in Bewegung zu setzen weiß (2. 5.).

Die heimische Szene ist durch das Quartett von Saxofonistin Tanja Feichtmair und Kontrabassist Peter Herbert mit den beiden Wahlberlinern Frank Gratkowski und Christian Lillinger vertreten (3. 5.) wie auch durch das Ensemble The Peeled Eye, in dem sich Gitarrist Martin Siewert und der nach Berlin ausgewanderte Saxofonist Boris Hauf wieder vereinigen (1. 5.). Nicht zu vergessen das Quartett Plasmic um Vokalistin Agnes Heginger und Pianistin Elisabeth Harnik, das das Kaleidophon eröffnet. (Andreas Felber, DER STANDARD, 29.4.2015)