Das idyllische Blumendorf Pusterwald, wie es die FPÖ sieht.

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Graz/Pusterwald - "Es ist einem ja schon peinlich, wenn man Gäste hier hat", sagt der Völkerrechtler und Mitglied des Grazer Menschenrechtsbeirates, Wolfgang Benedek, "da geht man spazieren und muss dann bei den FPÖ-Plakaten erklären, was bei uns los ist." Los ist der steirische Wahlkampf, in dem die FPÖ sich vor allem auf das Thema "Islamismus" eingeschossen hat. Das Niveau sei dabei wieder besonders tief, so der Menschenrechtsexperte Benedek.

Vor allem mit einer Postwurfsendung namens Wir Steirer erhitzt die FPÖ seit Dienstag die Gemüter. "Da sieht man, mit was für Leuten wir es da zu tun haben", sagt Benedek, der die Publikation "inhaltlich als hetzerisch" einstuft, "rechtlich muss man das unbedingt genau überprüfen". Abgesehen von scheinbar wahllos ohne Anonymisierung abgebildeten Flüchtlingen im Heft sorgt das Titelblatt für Empörung: Es zeigt ein idyllisches Dorf, einen mutmaßlichen Terroristen, dazu der Satz "Steirische Asylheime - Jede Woche ein Polizeieinsatz".

Ärger im Blumendorf

Wie die abgebildete Gemeinde Pusterwald (Bezirk Murtal) zu der zweifelhaften Ehre kam, weiß der Bürgermeister Julius Koini (ÖVP) auf Standard-Nachfrage nicht. In Pusterwald gibt es kein Flüchtlingsheim, keine Flüchtlinge. "Obwohl hier Flüchtlinge willkommen sind", wie Koini betont.

Der "böse Mann" auf dem Bild hat laut Kleiner Zeitung auch nichts mit der Realität zu tun. Er ist eine Figur aus einem Videospiel. Aber wie kam das als Gebirgsblumendorf prämierte Pusterwald auf das blaue Titelblatt? Es findet sich im Netz - ohne vermummten Schießwütigen - als Tourismussujet: Darunter steht der Name Gudrun Moitzi, als Bildquelle: "Urlaubsregion Murtal, Tourismusverband Oberwölz-Lachtal". Moitzi, die Geschäftsführerin des Tourismusverbandes Oberwölz-Lachtal, die dafür bezahlt wird, Urlaubern Gusto auf die Region zu machen, ist auch Obfrau der FPÖ Oberwölz.

Vom Standard gefragt, ob sie das Foto an ihre Partei weitergereicht habe, reagiert sie ungehalten: "Das kann jeder aus dem Netz runterladen. Ich bin nur für Kommunalpolitik zuständig." Ob Pusterwald gefährlich sei? "Ich habe dort nur den Wanderweg gemacht", sagt Moitzi.

Land als Aufsichtsbehörde prüft

"Das Land als Aufsichtsbehörde des Tourismusverbandes wird sich das genau anschauen", heißt es dazu aus dem Büro des Tourismusreferenten, Hermann Schützenhöfer (ÖVP). Die ÖVP hat übrigens noch kein einziges Plakat im ganzen Land affichiert.

Kritik am "untragbaren Jihad-Zusammenhang" übt Grünen-Klubobfrau Sabine Jungwirth. Zudem verurteilten der katholische Diözesanadministrator Heinrich Schnuderl und der evangelische Superintendent Hermann Miklas die Kampagne, die "Angst und Schrecken" verbreite und "mit lösungsorientierter Politik nichts zu tun" habe. (Colette M. Schmidt, DER STANDARD, 30.4.2015)