Stephan Götz steht seit März an der Spitze der Fachgruppe Werbung und Marktkommunikation der Wirtschaftskammer Wien.

Foto: Christian Anderl

Wien - Eine Hürde, die der Dynamik der Werbebranche im Wege stehen würde, wäre für Stephan Götz, Fachgruppenobmann Werbung und Marktkommunikation, eine Ausweitung der Werbesteuer auf digitale Werbeformen. Leidtragende wären nicht die globalen Player Google und Facebook, sondern Österreichs Kreativszene, befürchtet er im E-Mail-Interview mit derStandard.at. Götz spricht sich, wie die Werbebranche seit Jahren, für eine ersatzlose Streichung der Werbeabgabe aus.

derStandard.at: Medienminister Ostermayer kann sich eine Ausweitung der fünfprozentigen Werbeabgabe auf digitale Werbeformen vorstellen. Jubelt da der Obmann der Werbefachgruppe, dass die Ungleichbehandlung ein Ende findet? Schließlich werden elektronische Medien und Printtitel zur Kasse gebeten.

Götz: Er freut sich, dass die Steuer im Gespräch ist. Aber sonst, nein, er jubelt nicht.

derStandard.at: Warum nicht?

Götz: Wir haben keinen Grund zu jubeln, weil die einzige echte Gleichbehandlung wäre, diese Bagatellsteuer, die in Europa einzigartig ist und 1927 eigentlich als Provisorium eingeführt wurde , ganz abzuschaffen. Heimische Unternehmer haben durch sie im internationalen Vergleich Nachteile.

derStandard.at: Nach der Ausweitung soll im Gegenzug der Steuersatz reduziert werden. Davon müssten doch alle profitieren, oder?

Götz: Es profitieren die, die bislang betroffen waren. Das ist unbestritten. Aber gerade im Online-Bereich ist die Agenturszene kleinteiliger und hier ist die Umgehung viel einfacher. Damit trifft man nicht Google und Facebook, sondern viele kleine heimische Kreative, Grafiker, Programmierer und viele mehr.

derStandard.at: Argumentiert wird, dass Google und Facebook alleine in Österreich jährlich rund 150 Millionen mit Online-Werbung lukrieren. Soll diese Konzerne keinen Beitrag leisten?

Götz: Ich verstehe die Sorgen der Medienunternehmer, aber im Jahr 2015 kann man internationale Konzerne nicht mit Steuer-Insellösungen aufhalten. Der Schaden wird nur noch größer: Je mehr wir die heimische Kreativszene schwächen, desto mehr Identität geht verloren. Und das schadet wiederum den heimischen Medien. Gerade in einem 8 Millionen Einwohner Land, in dem man sich die Sprache mit einem 80 Millionen Einwohner Land teilt, sollte man sehr genau drüber nachdenken, ob man Steuern nicht lieber abschafft, die eine Abwanderung begünstigen. Hat der Werbeleistende seinen Sitz im Ausland, haftet der inländische Auftraggeber, also im Regelfall die inländische Werbeagentur für die Abfuhr der Werbeabgabe. Das bedeutet, die heimischen Werbeunternehmer werden das dann für Google und Co übernehmen müssen, das kann niemand wollen. So kann man die Konzerne nicht treffen.

derStandard.at: Sollte die Werbeabgabe ersatzlos gestrichen werden, wie sie fordern: Wo soll dann das Geld herkommen bzw. wie viel wird eigentlich über diese Steuer generiert?

Götz: Die Werbeabgabe ist eine ineffektive Steuer mit geringem Aufkomme und beträgt 0,1 Prozent des Gesamtsteueraufkommens. Die Einhebung der Steuer ist unverhältnismäßig hoch – 11 Prozent des Gesamtbetrags, also 12 Millionen Euro entfallen alleine auf den administrativen Aufwand. Sie bremst die Wirtschaftsdynamik. Ihre Abschaffung würde die Effizienz des Wirtschaftssystems verbessern, weil mehr Geld im Unternehmen bleibt. Der Verlust durch Abwanderungen, die die Folge wären, ist sicher größer. Laut Eco Austria Studie bringt die Steuer österreichweit 100 Millionen Euro.

derStandard.at: Haben Sie einen Vorschlag zur Gegenfinanzierung?

Götz: Wenn die Abschaffung der Steuer in gleichem Maß die Nachfrage erhöht, was eine plausible Annahme ist, da Werbeleistungen um den gleichen Faktor günstiger werden, geht die erwähnte Eco Austria Studie davon aus, dass diese 100 Millionen Euro bei der Abschaffung der Werbeabgabe als zusätzliche Wertschöpfung in der Werbewirtschaft bleiben. Das heißt, der Fiskus würde im Ausmaß von bis zu 40 Millionen Euro von gesteigerten Umsatz-, Lohn-, und Sozialversicherungseinnahmen profitieren, weil durch die Abschaffung 17.000 neue Arbeitsplätze in der Branche geschaffen werden könnten. Es macht natürlich auch Sinn, Kompensationsmaßnahmen auszuarbeiten und Mittel an die betroffenen Länder und Gemeinden auszuschütten. (omark, 1.5.2015)