Mirjam Augstein sucht die idealen Vermittler zwischen dem Benutzer und dem Gerät.

Foto: M. Augstein

Die Technik soll uns das Leben erleichtern – und doch ist es immer wieder der Mensch, der sich nach der Maschine richtet, und nicht umgekehrt. Aber nicht jeder kann sich anpassen und am technischen Segen teilhaben. Menschen mit Beeinträchtigungen fehlen oft die motorischen oder kognitiven Fähigkeiten für die Steuerung von PC, Smartphone oder Tablet.

Mirjam Augstein arbeitet am Campus Hagenberg der FH Oberösterreich nicht nur an einer einzigen Lösung, sondern gleich an verschiedenen Lösungen für verschiedene Menschen. Die Informatikerin für adaptive Systeme entwickelt Software, die maßgeschneidert die richtige Eingabemethode herausfinden soll.

Hohe finanzielle Schwelle

"Die Alternativen für Menschen mit Beeinträchtigung sind teuer", sagt Augstein. Einzelne Einrichtungen investieren in spezielle Computer, für den Heimgebrauch bleibt die finanzielle Schwelle aber hoch. Deshalb arbeitet die 32-Jährige mit leistbaren Eingabegeräten, die bereits am Markt sind.

Maus und Tastatur vermitteln meistens zwischen Mensch und Maschine - mit der neuen Generation an Mobiltelefonen und Tablets fand auch der Touchscreen den Weg in die Hände der Benutzer. Daneben experimentieren die Forscher an der Fakultät für Informatik, Kommunikation und Medien der FH OÖ auch mit kreativeren Methoden: zum Beispiel mit berührungsloser Eingabe oder sogar mit einem herkömmlichen Locher im Umgang mit Smartphones.

Das Bürozubehör wird mit einem Magneten versehen. Über einen Magnetfeldsensor am Smartphone ermittelt die Software den Druck, den der Benutzer auf den Locher ausübt. Um den schwierigen Klick und Doppelklick zu ersetzen, muss der Benutzer nur unterschiedlich stark drücken. Das funktioniert auch dann, wenn er nur die Hand und nicht die Finger kontrollieren kann.

"Keine andere Gruppe ist so heterogen", sagt die gebürtige Salzburgerin. Auch die Ziele sind breit gestreut: Ein Klient möchte am PC einen Text schreiben, ein anderer im Internet surfen, ein Dritter einfach nur Spiele spielen.

Kontakt zum Anwender

Für das Projekt Interaction Analysis for Automated Adaptation arbeitet Augstein neben der Firma LIFEtool auch mit der EDV- und Mediengruppe des Diakoniewerks Gallneukirchen zusammen. Den Kontakt zum Anwender schätzt Augstein besonders: "Man merkt, dass die eigene Arbeit einen tieferen Sinn hat als bloß kreative Softwareentwicklung. Die Menschen freuen sich, wenn wir kommen und etwas Neues ausprobieren."

Informatik heißt für Augstein nicht, sich im stillen Kämmerlein allein im Bildschirm zu verlieren. Schon in ihrem Studium Engineering für Computer-basiertes Lernen suchte sie den Austausch zwischen den Disziplinen. Heute bekommt sie als Professorin für kollaborative Systeme in Hagenberg den Input ihrer Studenten.

Ihre Forschung verlangt Einfühlungsvermögen und eine enge Zusammenarbeit mit Ergotherapeuten und Betreuern. Die könnten letztlich ebenfalls von Software in der Therapie profitieren: "Es geht uns nicht darum, Betreuer zu ersetzen, sondern sie in ihrer Arbeit bestmöglich zu unterstützen."

Software im Sozialbereich könnte langwierige Arbeiten wie das Auswerten von Übungsaufgaben für die Ergotherapeuten übernehmen. So schafft Technologie im besten Fall mehr Zeit für das, was zählt: den Menschen. (Marlis Stubenvoll, 6.5.2015)