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Investitionen in Umweltschutz sollen sich lohnen, ein Instrument dafür ist der Emissionshandel.

Foto: Reuters/Andrews

Brüssel/Wien - Nur rund sieben Euro kostet die Erlaubnis der Industrie, eine Tonne Kohlendioxid (CO2) in die Atmosphäre zu pusten. Das ist viel zu wenig, um den Lenkungseffekt auszulösen, den die EU bei Installation des Emissionshandelssystems (ETS) mit Treibhausgasen im Sinn hatte. Eine Reform, auf die sich EU-Rat, Parlament und Kommission nun geeinigt haben, war nach Beobachtern nur eine Frage der Zeit.

Im Kern einigten sich die Mitglieder darauf, Verschmutzungsrechte zurückzuhalten und nicht mehr Jahr für Jahr entgeltlich oder unentgeltlich zu verteilen. Stattdessen wandern die Zertifikate in eine Reserve. Diese soll nicht angetastet werden, solange es so große Überschüsse gibt.

Weniger Emissionsberechtigungen

Der zweite Teil der Reform: Firmen, die nur mehr wenig produzieren, kriegen anteilig nur mehr weniger Emissionsberechtigungen. Betreffen wird dies spanische Zementwerke, die seit 2008 nur mehr auf Sparflamme arbeiten, aber noch immer Emissionszertifikate auf Vorkrisen-Stand erhielten, und dies vielfach gratis. Mit diesen Rechten ließ sich dann schwungvoller Handel betreiben, auch wenn der Preis ziemlich weit unten war und ist.

Mit Beginn des EU-Emissionstradings rechnete man mit 20, 30 Euro je Tonne CO2. Dies hätte die Industriebetriebe gezwungen, in energiesparende Technologien zu investieren. Davon war angesichts des Überangebots an Zertifikaten nicht mehr die Rede. Doch werde die Reform den Preis bestenfalls auf zwölf Euro heben, meinen Experten. Dies sei zu wenig, um die Industrie zu weiteren Investitionen in kohlenstoffarme Technologien zu zwingen. Umso mehr, als viele Unternehmen bereits die wichtigsten Energiesparschritte gesetzt haben und ein weiterer Sprung hin zu "Breaktrough"-Technologien bei der CO2-Vermeidung kostspielig ist. Auch sind die Kosten für fossile Energie derzeit recht niedrig.

Solidaritätsfonds

Zuckerln für schwächere EU-Mitgliedsstaaten mildern die Reform ab. Installiert wird ein Solidaritätsfonds, aus dem sich die viel mit Kohle arbeitenden Staaten Polen, Bulgarien und Rumänien bedienen dürfen. Derzeit sind die Konditionen des Fonds noch nicht genau ausformuliert. Industrievertreter pochen darauf, dass die Gelder für Projekte rund um den Klimaschutz verwendet werden sollten. Beispiele in der Vergangenheit zeigen aber, dass gerade in wirtschaftsschwachen Zeiten die Einnahmen aus dem EU-Emissionshandelssystem gerne zur Auffettung der klam- men Staatshaushalte verwendet werden.

Österreich-Beispiel

Die EU-Kommission, die die Versteigerung der ETS-Emissionsberechtigungen im Gegensatz zu früher nun zentral vornimmt, verteilt die Erlöse unter den EU-Staaten. Die Kommissionsempfehlung dabei lautet, dass die Einnahmen dem Klimaschutz zugutekommen. Deutschland hält sich - zumindest teilweise - daran.

Nicht so Österreich. Hier versickert der Erlös im Budget. Die im Bundesrechnungsabschluss dafür vorgesehenen Einnahmen gingen stark zurück. Sie lagen 2014 bei 308,07 Millionen Euro, um 40,6 Prozent weniger als 2013. Die Erklärung: Die Erlöse der Emissionsberechtigungen waren deshalb so niedrig, weil niedrigere Preise erzielt wurden als veranschlagt.

Experten schätzen, dass EU-weit mehr als ein Jahresvolumen an Emissionszertifikaten auf dem Markt ist. Ein Erbe der großzügigen Gratisvergabepolitik. (Johanna Ruzicka, 6.5.2015)