Bild nicht mehr verfügbar.

Orson Welles 1982 bei einer Pressekonferenz in Paris.

Foto: AP/Jacques Langevin

Marsianer griffen am 30. Oktober 1938 die USA an, zumindest glaubten dies einige Zuhörer des Radiosenders CBS. Die Ausstrahlung von H.G. Wells' "War of the Worlds" adaptierte derart überzeugend die zeitgenössische Radioberichterstattung, dass sie tatsächlich für eine aktuelle Kriegsreportage gehalten wurde. Zumindest von einigen. Denn dass die Sendung eine Massenpanik verursachte, gehört eher in den Bereich der Medienlegenden. Erst im Nachhinein bliesen Printmedien die Aufregung einzelner besorgter Zuhörer zu einem Massenphänomen auf.

Verantwortlich für die Inszenierung war der damals 23-jährige Orson Welles, und es war nicht das einzige und auch nicht das erste Mal, dass Welles für Aufsehen sorgte.

Visionär in sämtlichen Medienformen

Am 6. Mai 1915 in Kenosha, Wisconsin, geboren, sorgte Welles bereits mit Anfang zwanzig in der New Yorker Theaterszene mit seinen Shakespeare-Inszenierungen für Furore. Den internationalen Durchbruch erlangte er mit seiner ersten Regiearbeit "Citizen Kane" (1941).

Sharif Matar

Die berufliche Erfolgsgeschichte und das private sowie moralische Scheitern des Medienmoguls Charles Foster Kane, dargestellt von Welles selbst, ist als kritisches Sinnbild des amerikanischen Traums entworfen. Wenig begeistert von dem Meisterwerk war der Herausgeber William Randolph Hearst, dessen Ähnlichkeit zur Hauptfigur für die Zeitgenossen augenscheinlich war. Verhindern konnte der mächtige Medienmacher den Film zwar nicht, seine pressetechnische Intervention könnte aber zumindest einen Anteil am kommerziellen Misserfolg von "Citizen Kane" gehabt haben.

Der Grundstein zum Ruhm von Welles, der auch einen Oscar für das beste Drehbuch erhielt, war aber mit diesem Film gelegt. Sämtliche filmischen Innovationen der damaligen Zeit wurden hier angewandt. Die Huldigungen für das Werk halten bis heute an, und auch im popkulturellen Diskurs wird "Citizen Kane" immer wieder aufgegriffen, wie auch in der Serie "The Simpsons".

Ein cineastischer Tausendsassa

Dass Welles' Regiearbeiten von den Kritikern zwar geschätzt, an der Kinokasse aber eher mäßig erfolgreich waren, zieht sich durch seine gesamte Schaffensgeschichte. Ambitioniert blieben seine Filmprojekte aber weiterhin, wie etwa die Kafka-Verfilmung "Der Prozess" (1962), "Falstaff" (1965) oder "Die Stunde der Wahrheit" (1968).

Auch durch seine Filmrollen – wie etwa die des Harry Lime in "Der dritte Mann" (1949), im "Muppet Movie" (1979) oder als Erzählstimme in Mel Brooks' "Die verrückte Geschichte der Welt" (1981) – ist der nimmermüde Filmbegeisterte einem breiten Filmpublikum in Erinnerung geblieben.

Sind Sie mit dem Schaffen von Orson Welles vertraut?

Im Filmmuseum Wien sind Welles' Filme aktuell in der Programmreihe "On Dangerous Ground" zu sehen. Wir nehmen die Retrospektive (die auch Joseph Losey und Nicholas Ray würdigt) und natürlich seinen 100. Geburtstag zum Anlass, um mit Ihnen Welles' Werke zu diskutieren. Welche Filme können Sie empfehlen? Welche Szenen, Dialoge und Regieeinfälle sind Ihnen besonders im Gedächtnis geblieben? Wer oder was ist eigentlich "Rosebud"? Und natürlich: Ist "Citizen Kane" nun der beste Film aller Zeiten? (jmy, 11.5.2015)