Venedig hat erstmals eine Moschee - für sieben Monate und in einer Kirche. Ein Beitrag von Island und dem Schweizer Christoph Büchel.

Foto: Schmidt

Frauen in der Moschee Misericordia am Tag ihrer Eröffnung.

Foto: Schmidt

Auch abseits der Giardini und des Arsenale trifft man in Venedig auf die Biennale. 29 der 89 Länderbeiträge sind quer über die Lagunenstadt verteilt. Sie eröffnen oft durch ihre Interaktion mit den historischen Orten neue Perspektiven - bei freiem Eintritt.

Bemerkenswert ist das Projekt "The Mosque" des Schweizer Künstlers Christoph Büchel für Island. Es wurde am Freitag eröffnet. Von außen ist die Veränderung der Kirche Santa Maria della Misericordia im Stadtteil Cannaregio kaum wahrnehmbar. Doch innen verwandelte Büchel die Kirche in eine Moschee. Er verwirklichte die Arbeit in Zusammenarbeit mit der muslimischen Community Venedigs, die seit Jahrhunderten einen Gebetsraum, aber jetzt tatsächlich erstmals eine Moschee hat.

Büchel reflektiert mit "The Mosque" die Einflüsse von Migration und Kulturen auf einen Ort, lotet aber auch Macht und Grenzen der Kunst aus: Auf Gebetsteppichen sitzen Gläubige plaudernd neben Kunstfans, an den Wänden hängen Texte aus dem Koran hinter einer Kanzel mit Halbmond.

Als Frau wird man freundlich gebeten, nach links zu gehen und bekommt - wie in italienischen Kirchen üblich - ein Tuch gereicht. Doch dient es in der Moschee Misericordia nicht der Verhüllung der Schultern, sondern des Haars. "Ich trag das sicher nicht, für mich ist das eine Kunstausstellung", sagt eine Britin. Sie darf trotzdem hinein. An der Aufforderung, die Schuhe auszuziehen, stößt sich aber niemand. Im Gegenteil: So manche Dame seufzt sogar erleichtert, als sie ihre Stöckelschuhe eine Weile loswerden kann.

NSA in der Bibliothek

Im hektischeren San Marco hat Simon Denny für Neuseeland in der Biblioteca Marciana eine optisch fast verspielte, aber tatsächlich hochbrisante Schau über die Welt nach den Snowden-Enthüllungen gebaut. Er konzertiert sich dabei auch anhand einer einzelnen Biografie bzw. des Profils eines NSA-Mitarbeiters auf die Rolle von intelligentem Design und Technologie in der Geopolitik. Der zweite Teil der Schau "Secret Power" ist am Marco-Polo-Flughafen zu sehen.

Auf dem Weg zurück ins Arsenale leuchten am Riva dei Sette Martiri, unweit der hier geparkten Luxusyachten, vor allem nachts stolze Bilder ukrainischer Minenarbeiter und -arbeiterinnen aus einem Glaspavillon, der die Weltoffenheit der neuen Ukraine symbolisieren soll. Die von Björn Geldhof kuratierte und mit mehreren Künstlern realisierte Arbeit heißt "Hope". Unabhängig davon warfen sich ukrainische Künstler und Aktivisten am Mittwoch Tarnjacken mit dem Aufdruck "On Vacation" über und besetzten den Russland-Pavillon. Dort nahm man die Aktion gelassen. (Colette M. Schmidt, 10.5.2015)