Die französische Justiz sprach am Montag zwei Polizisten vom Vorwurf frei, 2005 indirekt den Tod zweier Einwandererkinder in einem Vorort von Paris verursacht zu haben. Das hatte zu wochenlangen Krawallen geführt. Das nun gefällte Urteil zeugt von Blindheit gegenüber den gesellschaftspolitischen Umständen. Ein Ordnungshüter bestätigte im Radio, wie zerrüttet die Verhältnisse in den Vorstädten von Paris, Lyon oder Marseille heute sind: "Taucht ein Polizist auf, rennen die Jugendlichen davon - auch wenn sie nichts verbrochen haben."

Das Urteil bestärkt die Banlieue-Bewohner in diesem Gefühl gegenüber der Justiz ihres eigenen Landes. Sie mussten zehn Jahre auf das Urteil warten und fühlen sich nun von der Justiz desavouiert. "Die Polizei hat eine Lobby", sagte ein Angehöriger eines der Verunglückten; die Banlieue hingegen nicht. Sie hat nur den Eindruck, dass die Staatsgewalt - bewusst oder nicht - voreingenommen ist und entsprechend handelt. Es ist der gleiche Eindruck, den heute viele Schwarze in den USA haben.

Und auch wenn die Polizisten in jedem Einzelfall eine rationale Erklärung für ihr Verhalten vorbringen, bleibt der generelle Eindruck einer "Justiz der zwei Geschwindigkeiten", wie ein Prozessbegleiter meinte. Die Banlieue-Gerechtigkeit ist so langsam, dass sie zehn Jahre nach den Krawallen in den Pariser Vorstädten keinen Schritt weitergekommen ist. (Stefan Brändle, 18.5.2015)