"Wurde eh Zeit." Die Überraschung meines Umfeldes hielt sich in Grenzen, als ich mit der kleinen Schwarzen auftauchte. Kein Wunder. Schließlich geht es in der Welt der per Eigendefinition hippen Backcountry-Journalisten und -Akteure mindestens so markenfetischistisch zu, wie im Land der Mode- und Beautyjournalisten. Und -innen.

Dass der Freeskier, Kletterer und Mountainbiker von Welt eine Brille von Christoph Egger zu tragen hat, ist ein Stück Basisiwissen, das vor etwa zwei, wenn nicht drei Jahren den Unterschied zwischen Trendsettern und Early Adoptern definierte. Jetzt - 2015 - "Gloryfy" zu entdecken ist, ist ungefähr so weit vorne, wie wenn man Facebook zum "next big thing" erklärt.

Foto: Thomas Rottenberg

Aber egal. Mein Schuhlöffel, jetzt mit den um 2010 vom Zillertaler Entwickler zur Serienreife gebrachten Brille anzutanzen, ist der rachitisch-maue Schmäh, dem omnipräsenten Conchita-"Unstoppable" das Gloryfy-"Unbreakable" gegenüber zu stellen.

Obwohl die beiden Produkte genau gar nix miteinander zu tun haben. Gloryfy positioniert sich nicht mit Glam-Botschaftern wie der Wurst, sondern mit wilden Kerlen wie dem Lama (David, Bergsteiger; Anm. TR): Nicht, dass Style da nicht zählen würde - aber Funktionalität geht vor. Und die Funktionalität, mit der sich die Brillen aus dem Zillertal vom Mitbewerb abheben, ist rasch - und einfach - erklärt: Eine Glorify kriegt man nicht kaputt.

Foto: Thomas Rottenberg

Nicht, wenn man sie so behandelt, wie es normale Sport-(Sonnen)brillen eh schon nicht mögen: Verbiegen, verdrehen, fallenlassen und draufsteigen, mit dem Rad drüberfahren, schnell-schnell in den knackevollen Rucksack zu Eisgerät & Lawinenschaufel stopfen und dann 1.001 Trümmer nachschieben … und so weiter. Derartige Misshandlungen sollte die Brille schadlos überstehen (aber 1: nein, mit der Pistenwalze drüberfahren, das Bandschleifgerät ansetzen oder mit der Nagelpistole draufschießen, ist eine Kategorie zu heftig … Aber 2: Ok, Gläserzerkratzen geht natürlich schon. Aber man muss sich ein bissi Mühe geben.) - und tut das auch: Nicht ohne Grund wird die Gloryfy - egal welches Modell - in Berg- und anderen Shops gern in einen Schraubstock eingespannt präsentiert.

Befreit man das arme Trum aus dieser Zwang- und Zwinglage, hüpft es zurück in seine Ursprungs- und Soll-Position. Ermöglicht wird das durch ein - vom Hersteller "Memoryeffekt" genanntes - Feature, das zu entwickeln und dann zu wirtschaftlicher Serienreife zu bringen, Egger und seine Team einige Jahre gekostet hat. Oder haben soll.

Foto: Thomas Rottenberg

Am Anfang der Gloryfy-Geschichte standen zwei Unfälle: Bei einem verletzte eine zerborstene Brille einen Freund des Labelchefs beim Skifahren am und im Auge. Beim zweiten wurde er Zeuge eines Beziehungsdramas. Ausgelöst durch eine Sonnenbrille, die das (versehentliche) Draufsetzen nicht überlebte. Fünf Jahre später hatte der Tiroler unzerbrechliche Rahmen, Linsen und Bügelkonstruktionen sowie ein Baukastensystem entwickelt, das eine schnelle und unkomplizierte Montage per Klickmechanismus ermöglichte. Dann kamen Serienreife und professioneller Vertrieb (über Lowa) - und heute ist die "Gloryfy" am Berg, am Bike, auf diversen Boards, am Strand und sonstwo eben ein "Must have".

Abgesehen von der "Unbreakable"-Positionierung "performt" die Gloryfy - ich bekam zum Testen aus Tirol eine G4 geschickt - so, wie man das von einer High-End-Sportbrille erwarten würde: Sehr guter Sitz, kein Wackeln oder Rutschen. Egal, wie man den Kopf auch dreht und wendet: Der Wind findet nie den Weg ins Auge. Sehr guter Blendschutz, perfekte Kontraste. Perfekter Halt auch abgesetzt in den Lüftungsschlitzen des Radhelmes. Und so weiter und so fort…

Foto: Thomas Rottenberg

Ich habe die Brille vergangene Woche beim Triathlon-Wochenende in Punta Skala (Kroatien) praktisch nonstop am Kopf gehabt - also sowohl beim Sport, als auch dazwischen. Laufen & Radfahren gingen super. Der Sitz beim Schwimmen? Rücken geht gut, Kraulen halbwegs, Brust kaum und Butterfly überhaupt nicht. (Das nur der Komplettheit halber: Wer mit einer Sonnenbrille sportlich schwimmen will, hat irgendwas missverstanden …) Aber: Beim Pool-Abhängen und Chillen gab es weder an Performance noch Style irgendetwas auszusetzen.

Foto: Thomas Rottenberg

Nicht ganz perfekt ist die Gloryfy allerdings, wenn man zu jenen Menschen gehört, die an einer Brille gerne herumjustieren: Der rasche Wechsel zwischen unterschiedlichsten Gläsern ist zwar vorgesehen und deppeneinfach - aber individuelle Einstellungen, etwa auf Nasenbreite oder Anstellwinkel der Bügel, sind (zumindest bei den mir bekannten Modellen) nicht möglich. Auch die vor allem im Hochsommer von vielen Sportlern bei Sportbrillen der Mitbewerber geschätzten Schaumgummi-Schweissfänger an der Oberkante, hat weder die G4 noch irgendeine andere Gloryfy, die ich bisher in der Hand hatte.

Ein echtes Manko muss ich aber erwähnen: Ich bin weniger der Brillen-Zerstörer, als der Brillen-Verschmeißer oder -Liegenlasser. Dagegen hat Christoph Egger bisher aber noch kein Mittel erfunden. (Thomas Rottenberg, 24.5.2015)

Foto: Hersteller

Preis: Die G4 kostet (wie fast alle Gloryfy-Brillen) zwischen 130 und 150 Euro. Das liegt im Sportbrillen-Normalbereich.

Anmerkung im Sinne der redaktionellen Richtlinien: Die Brille wurde vom Hersteller für einen begrenzten Zeitraum zur Verfügung gestellt.