Antonia Bruha (Mitte), hier mit Bild mit Rosa Jochmann (rechts).

Foto: Privatarchiv von Antonia Bruha / http://www.ravensbrueckerinnen.at

Ich war keine Heldin, sagte Antonia Bruha über sich und so betitelte sie auch ihre Autobiografie (1984). Viele Menschen, denen sie während des NS-Regimes unter größter Gefahr geholfen hat, sahen das bestimmt anders.

Die ersten sechs Jahre ihres Lebens verbrachte die am 1. März 1915 geborene Toni wegen Geldmangel nicht bei den Eltern, sondern bei den Großeltern in Böhmen. Die Rückkehr war schwierig für das Kind, empfand sie ihre Mutter doch als sehr streng. Als der sozialistisch gesinnte Vater, ein Braumeister, das Kind auf eine tschechische Schule schickt, wächst in Toni der Wunsch nach einem Slawistik-Studium, dem sich die Mutter aber entgegenstellt: Friseurin und Schönheitspflegerin wird gelernt.

Der schlecht bezahlte Beruf bringt wenig ein und so bleibt es auch nach ihrer Hochzeit 1935 mit einem ehemaligen -und deshalb arbeitslosen - Schutzbündler knapp. Trotzdem trat sie 1936 ihr ersehntes Sprachstudium an, das schon zwei Jahre später unterbrochen werden muss. Wegen des "Anschlusses" wurde die slawistische Fakultät geschlossen.

Mit ihrer Schreibtätigkeit für sozialistische tschechische Zeitungen konnte Toni Bruhadazuverdienen. Es war auch die tschechische Widerstandsorganisation um Alois Houdek, der sie sich als Angehörige der Minderheit der Wiener Tschechen anschloss.

Um die Jungen zu warnen

Bruha schmuggelte Zeitungen und Flugblätter über die Grenze: Mit dem Fahrrad fuhr sie mit ihrem Mann "Joschi" nach Pressburg und zurück, "auf der einen Lenkstange die Arbeiterzeitung, die in Pressburg gedruckt wurde, auf der anderen Seite kommunistische Flugblätter", erzählte sie viele Jahre später. Denn auch als 90-Jährige vergaß sie ihr Versprechen nie, zu berichten "damit junge Menschen gewarnt sind". Das schwor sie sich mit anderen Überlebenden des KZs Ravensbrück, in das sie nach ihrer Verhaftung 1941 nach Monaten in Isolationshaft gebracht wurde. Dort kam sie in den politischen Block, in dem auch die Widerstandskämpferin Rosa Jochmann war.

Arbeiten musste Bruha in den Krankenbaracken, wo sie Zeugin von Zwangssterilisationen, Zwangsabtreibungen und sogenannten Versuchsoperationen wurde. Um zumindest einige davor zu bewahren, vertauschte Antonia Bruha Karteikarten. Unter Lebensgefahr schmuggelte sie Medikamente in den politischen Block und im kommunistischen Widerstand aktiv gewesene Jüdinnen bewahrte sie vor dem sicheren Tod im Lager, indem sie sie immer wieder in neue Verstecke brachte.

Zeitzeugin schon ab 1947

Rosa Jochmann schrieb später an die Freundin: "Hunderte Male standest Du mit einem Fuß im Grab; aber die Freundschaft war wunderbar, es gab keinen Verrat." Toni habe ihr Hoffnung gegeben durch ihren Glauben, "dass ein solches Grauen nicht Bestand haben konnte".

Nach der Befreiung des KZs kehrt Toni Bruha mit einem Gewicht von 20 Kilo zurück nach Wien. Schon 1947 nimmt sie ihre Arbeit als Zeitzeugin auf und wurde Mitbegründerin der österreichischen Lagergemeinschaft Ravensbrück. Die Erinnerungsarbeit legte sie bis ins hohe Alter nicht nieder. Am 27. Dezember 2006 starb sie mit 91 Jahren in Wien. (Beate Hausbichler, 27.5.2015)