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Spezialdienste würden das freie Internet signifikant abschwächen, Telekomkonzernen allerdings neue Umsätze einbringen.

Foto: EPA/Stratenschulte

Im April 2014 hatten Netzaktivisten und Konsumenten noch Grund zum Jubeln: Das EU-Parlament sprach sich in einer Abstimmung klar für die Abschaffung der Roaming-Gebühren und die Festlegung der Netzneutralität aus. Allerdings war schon damals klar, dass bis zu einer praktischen Umsetzung noch ein steiniger Weg folgt: Denn das Verfahren sieht vor, dass sich das EU-Parlament im sogenannten Trilog mit EU-Kommission und EU-Rat, also den Vertretern der nationalen Regierungen, einigen muss.

Kein Kompromiss in Sicht

Mittlerweile steckt man in Brüssel mitten im Trilog – und man steckt fest: Die Fronten sind verhärtet, ein Kompromiss ist nicht in Sicht. EU-Parlamentarier werfen den nationalen Regierungsvertretern vor, primär die Interessen der Telekomkonzerne durchsetzen zu wollen. Tatsächlich hat der EU-Rat bereits eine signifikante Abschwächung des Roaming-Aus herbeigeführt. Auch beim Thema Netzneutralität schrillen nun die Alarmglocken.

Spezialdienste möglich

So kommt das Wort "Netzneutralität" im aktuellen Positionspapier des EU-Rats kein einziges Mal vor. Im Gegensatz zu "Spezialdiensten", für die Telekomkonzerne zusätzlich Geld verlangen können. Außerdem sollen Pornofilter wie in Großbritannien klar erlaubt werden. Die Initiative für Netzfreiheit hat sich deshalb in einem offenen Brief an die Abgeordneten des EU-Parlaments gewandt und ruft Bürger auf, es ihr via savetheinternet.eu gleichzutun. "Die Leistung des Parlaments droht verlorenzugehen", warnt die Initiative.

Schlecht für Wirtschaft

Auch andere Aktivisten wie Edri warnen eindringlich vor der Position des EU-Rats. "Aus demokratischer Perspektive sind die Vorgänge inakzeptabel", so Edri. Faktoren wie die Freiheit der Nutzer, aber auch ökonomisches Wachstum sprechen klar für die Netzneutralität – die etwa in den USA von der Regulierungsbehörde FCC gesichert worden ist. Auch in Indien gehen momentan Millionen für mehr Netzneutralität auf die Straße.

Telekomlobbys

Kommende Woche soll es dann zu einer letzten Verhandlungsrunde im Trilog kommen. "Wenn Netzneutralität nicht nur nicht verankert, sondern durch gegenteilige Maßnahmen de facto gesetzlich abgeschafft wird, haben die Telekomlobbys gewonnen", schreibt der grüne EU-Abgeordnete Michel Reimon auf Facebook. Die Konzerne würden damit einen doppelten Sieg feiern: Sie kassieren weiter beim Roaming und können neue Gebühren im Internetbereich einheben. (fsc, 27.5.2015)