Zebras in Rot: Still aus Ben Russells "Greetings to the Ancestors".

Ben Russell

Der Trailer zum diesjährigen VIS-Festival.

Vienna Shorts

Wien - Filme in Ausstellungen können ihre Tücken haben: Soll man sich den Wecker stellen, damit man rechtzeitig zum Beginn des Loops da ist? Soll man sich zuerst die hintere Hälfte anschauen und dann noch einmal bis dorthin, wo man eingestiegen ist? Oder soll man sich in Verzicht üben: "Was ich sehe, sehe ich, und was ich nicht sehe, das war nicht für mich bestimmt?"

Je nach Art des Bewegtbilds eignen sich unterschiedliche Strategien. Vergessen kann man sie alle dieser Tage auf dem Kurzfilmfestival Vienna Independent Shorts, das in seiner zwölften Auflage den Fokus auf das Verhältnis von Kunst und Film legt. Im sechsteiligen Special "State of the Art" will man "die Kunst ins Kino holen". Eröffnet wurde die Reihe gestern mit Filmen, die den Kinoraum thematisieren. Im engeren Sinne um bildende Kunst im Kino, um abstrakte Bewegtbilder, ging es schließlich in Fine Film: Painting on Moving Canvas.

Selbstironischer Avantgardetrip

Fortgesetzt wird morgen mit Dieses Programm könnte Spuren von Kunst enthalten. Ein "(selbst)ironischer Avantgardetrip" soll es laut Untertitel werden, wenn Heiteres wie etwa Peter Millards quicklebendige Dada-Miniatur Boogodobiegodongo gezeigt wird. Freuen darf man sich indes auf Ben Cadys Anomalies, eine schlaue Zeichentrickparabel auf den Umgang des Menschen mit dem ihm Unbekannten, sei dies nun Metaphysisches oder die Kunst: Gezeichnete Figuren bekommen es darin mit seltsamen "Öffnungen" in ihrem reinweißen Raum zu tun, in denen Fotos, Farben und Texturen bedrohlich flackern.

Cadys preisgekröntes Stück wird dabei gut mit Mystery Music von Nicolas Mahler korrespondieren, worin ähnliche Line-Art-Männchen auf visualisierte Klänge treffen. Die Verbindungen zum übergeordneten Fokusthema scheinen dabei zwischendurch auch loser zu werden, dem Reiz einzelner Filme wird das nicht schaden.

Politisches und Langsames

Dies trifft auch zu, wenn man sich am Freitag noch den künstlerischen Strategien des politischen Films widmet und schließlich zwei Kuratoren des portugiesischen Filmfestivals Indie Lisboa "unzählige Arten des Erzählens" vorstellen. Vertreten ist hier unter anderem La lampe au beurre de Yak, Hu Weis humorvolles Stück über die Praxis der Porträtfotografie im Fernen Osten.

Die Langsamkeit entdeckt man am Sonntag unter dem Titel Planet Art. Mihai Grecus Centipede Sun führt in entvölkerte Wüstenlandschaften, in denen die Grenze zwischen Naturphänomen und digitaler Verfremdung nicht immer einfach bestimmbar ist. Ganz menschlich geht es hingegen zu, wenn Ben Russell, ebenfalls in weiten Landschaften, in Greetings to the Ancestors Träume zwischen Swaziland und Südafrika thematisiert.

Eröffnet wird der Reigen der "mysteriösen Dimensionen unserer Realität" allerdings sehr westlich: Douwe Dijkstra holt die bittere Wirklichkeit auf den Frühstückstisch. In Démontable reflektiert der Niederländer mit surrealem Humor über das Verhältnis von Medien und Krieg. (Roman Gerold, 27.5.2015)