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Angeschlagen, aber bereit weiterzumachen: ÖVP-Chef Hermann Schützenhöfer (links) sieht einen "klaren Auftrag", die Reformpartnerschaft mit Franz Voves weiterzuführen.

Foto: Reuters/Bader

Der steirische ÖVP-Chef Hermann Schützenhöfer macht die Tür zu den Freiheitlichen einen kleinen Spalt auf. Am Montagabend kündigte er an, mit allen im Landtag vertretenen Parteien "Gespräche führen" zu wollen, also auch mit der FPÖ. Er wolle zwar die "Reformpartnerschaft" mit der SPÖ fortführen, weil es eine "demokratiepolitische Usance" sei, werde er aber mit allen reden. "Ich habe nie gesagt, dass es die Reformpartner ohne Wenn und Aber gibt" – man müsse alle Varianten in die Debatte miteinbeziehen.

Es gebe durchaus Stimmen in der ÖVP für eine engere Zusammenarbeit mit den Blauen, sagte Schützenhöfer, bekräftigte aber: "Ich hab mit denen wenig bis gar nichts am Hut."

Vetrauenszuspruch

Die Freiheit lichen fliegen ja, da der Proporz abgeschafft wurde, automatisch aus der Regierung, sofern keine Koalition mit ihnen geschmiedet wird. Der Landesparteivorstand hat Schützenhöfer am Montagnachmittag trotz erheblicher Wahlniederlage einstimmig das Vertrauen ausgesprochen. "Wenn man so viel verliert, muss man die Vertrauensfrage stellen, und das tu ich jetzt", hatte Schützenhöfer vor Sitzungsbeginn angekündigt.

Wie Schützenhöfer wird auch der bisherige SPÖ-Landeshauptmann und Parteichef Franz Voves weitermachen: "Ich musste nicht die Vertrauensfrage stellen, ich erhielt die Zustimmung einstimmig per Akklamation", sagte Voves nach der Sitzung des erweiterten Parteivorstandes in Graz. Er sei wie auch Schützenhöfer prinzipiell für die Fortsetzung der "Reformpartnerschaft", er habe "als Demokrat" aber Gespräche mit allen Landtagsparteien zu führen – auch mit der FPÖ. Voves schloss aber eine Koalition mit den Freiheitlichen aus.

Im SPÖ-Parteigremium rumort es

Trotz des klaren Votums im Parteigremium rumort es in der SPÖ, bei der die Verluste am Sonntag noch kräftiger als bei der ÖVP ausgefallen sind. Etliche Funktionäre waren erheblich irritiert, dass Voves sein Wahlversprechen, bei einem Ergebnis unter 30 Prozent zu gehen, völlig ignoriert habe. Er blieb aber auch am Montag bei seiner Sicht der Dinge: "Wir haben nun mit den Wahlkarten 29,3 Prozent, wegen der 0,7 Prozentpunkte stelle ich mir die Frage nicht mehr."

In der SPÖ sitzt der Schock der historischen Wahlniederlage jedenfalls tief. "Entweder wir finden sehr rasch die richtigen Antworten auf die Fragen der Menschen, oder das war’s", orakelt der stei rische ÖGB-Vorsitzende Horst Schachner. Das Ergebnis der Landtagswahl sei ihm "in die Knochen gefahren".

FPÖ in die Höhen von SPÖ und ÖVP aufgestiegen

Schachner sieht mit Blickrichtung auf die steirischen Industriegebiete nun eine "ernste Gefahr für die Sozialdemokratie". "Wenn es uns nicht gelingt, die Menschen wieder von der FPÖ zurückzuholen, und wenn es uns nicht gelingt, auf die Ängste der Menschen adäquat zu reagieren, ist die Sozialdemokratie am Ende", sagt der Gewerkschaftsboss im STANDARD-Gespräch.

Die FPÖ ist am Sonntag in der Steiermark in die Höhen von SPÖ und ÖVP aufgestiegen. Die SPÖ kam auf 29,29 Prozent (minus neun Prozent), die ÖVP auf 28,45 Prozent (minus 8,6 Prozent), die FPÖ erhöhte auf 26,76 Prozent (plus 16 Prozent). Zeitweise lagen die drei Parteien gleichauf, erst das Grazer Ergebnis entschied.

"Integration und Asyl nicht länger totschweigen"

Eine "wesentliche Lehre", die seine Partei aus dem "katastrophalen Ergebnis" ziehen müsse: Die SPÖ dürfe die "brennenden Themen" nicht länger ignorieren. "Die SPÖ darf die Themen Integration und Asyl nicht länger totschweigen", sagt Schachner. Wie das alles in der politischen Praxis funktionieren sollte, da habe auch er, Schachner, noch kein Rezept. Irgendwie sei eben auch er ratlos angesichts der enormen Gewinne der FPÖ. Schachner: "Wir müssen trotzdem einen Weg finden." (Walter Müller, 1.6.2015)