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Norbert Häring hofft darauf, das Beitragsservice klagen zu können.

Die Rundfunkgebühren gelten für viele Menschen als Ärgernis. Egal ob Unzufriedenheit mit den öffentlich-rechtlichen TV- und Radioprogrammen oder die ewige Debatte, welche Geräte mit welchen Funktionen letztlich als Empfangsgerät gelten – weder das österreichische Gebühren-Infoservice (GIS), noch das deutsche Pendant, das ARD/ZDF/Deutschlandradio-Beitragsservice (vormals GEZ) genießen einen besonders hohen Ruf.

Norbert Häring ist Kolumnist des Handelsblattes und ein Gegner der Rundfunkgebühr in ihrer bestehenden Form. Während er Beiträge zur Finanzierung der öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten prinzipiell befürwortet, spricht er sich gegen fixe Pauschalabgaben aus. Diese betrachtet er als "Kopfsteuer", die vor allem Niedrigverdiener hart treffen. Mit einem juristischen Trick will er diese nun aushebeln und dabei auch gleichzeitig ein Statement gegen die zuletzt diskutierte Idee einer Abschaffung des Bargelds setzen.

Bestehen auf Barzahlung

Er verweigert nunmehr die Zahlung der vierteljährlichen Beiträge an das Beitragsservice auf dem klassischen Bankweg. Er besteht darauf, dass die Gebührenzentrale ihm die Einzahlung der Rechnungen in Bar ermöglicht. Dabei beruft er sich auf Unionsrecht, das Eurobanknoten innerhalb der Eurozone als einziges unbeschränkt gültiges Zahlungsmittel festlegt. Zumindest in der Theorie muss also jeder Gläubiger die Begleichung von Forderungen in europäischem Papiergeld ermöglichen.

Ziel ist es, auf diesem Weg den Aufwand für das Beitragsservice so stark zu erhöhen und damit Druck gegen das bestehende Gebührenmodell aufzubauen. Daher hat der den Beitragsservice schriftlich über seinen Barzahlungswunsch in Kenntnis gesetzt und überweist die Gebühren nicht mehr auf dem Bankweg.

Hoffen auf Gerichtsvollzieher

Der Journalist hofft auf eine Klagsmöglichkeit, die er dann wittert, sobald ein Gerichtsvollzieher wegen der nicht entrichteten Zahlungen bei ihm vorstellig wird, wie er in seinem Blog schreibt. Die Behördenvertreter würden nämlich bevorzugt Bargeld annehmen und damit die Position der Gebührenzentrale untergraben. In einem Prozess müsste dann geklärt werden, ob Härings Position haltbar ist.

Theoretisch könnte der Beitragsservice eine Bareinzahlung bei einer Bank ermöglichen, statt Mitarbeiter kassieren zu schicken oder Kassenbetrieb für Kunden an ihren Standorten aufzunehmen. Allerdings verlangen Banken hier teils heftige Bearbeitungsgebühren, die nach Ansicht von Häring von der Gebührenstelle zu tragen wären.

Ob Häring letztlich Erfolg hat, ist ungewiss und könnte – wie bereits erwähnt – vielleicht erst in einem Gerichtsverfahren festgestellt werden.

Österreich

Es ist auch fraglich, ob ein derartiges Vorgehen gegen die österreichische GIS Erfolg hätte. Diese nimmt ebenfalls keine Barzahlungen an. Akzeptiert werden der klassische Bankweg per Lastschrift oder Überweisung sowie eine per Post versandte Zahlungsanweisung. Ausnahmen, so ließ sich bei der Infohotline des Gebühren-Infoservice erfragen, werden nicht gemacht.

Dem Verlangen nach Barzahlung kann das Prinzip der Vertragsfreiheit entgegenstehen, mit dem sich Annahmepflicht für Euroscheine aushebeln lässt. Dieses erlaubt, dass sich Gläubiger und Schuldner per Vertrag darauf einigen, dass bei der Begleichung einer Forderung bestimmte Zahlungswege gewählt oder ausgeschlossen werden.

Unklar ist, ob die Vertragsfreiheit bei einer Pflichtgebühr zum Tragen kommen kann, zumal jeder Rundfunkgebühren entrichten muss, der sich nicht aktiv unter der Erfüllung bestimmter Kriterien davon befreien lässt.

Barzahlungs-Trick nach österreichischen Rechtsnormen wohl nicht möglich

Dass die Zahlung der GIS-Gebühr tatsächlich in Barform erzwungen werden kann, erscheint jedenfalls fraglich. Martin Spitzer, Experte der Wirtschaftsuniversität Wien, sieht in einer ersten Stellungnahme den Paragrafen 907a des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches hier als nicht wirksam an, da seiner Einschätzung nach kein Zivilrecht, sondern Verwaltungsrecht zur Anwendung kommt.

§907a ABGB würde vorsehen, dass ein Schuldner prinzipiell auch in Bar zahlen kann, eine Aushebelung über andere Vereinbarungen zwischen den involvierten Parteien ist aber möglich. Paragraf 4 des Rundfunkgebührengesetzes schreibt der GIS wiederum vor, unter anderem umfassend über Zahlungsmöglichkeiten zu informieren und würde auch es auch erlauben, mit dem Rundfunkteilnehmer "Vereinbarungen über die Fälligkeit und die Form der Entrichtung der Rundfunkgebühr (zu) treffen".

Wirtschaftsrechtler Harald Eberhard, ebenfalls von der WU Wien, vertritt gegenüber einer Anfrage des Standard die Auffassung, dass die GIS Barzahlung zwar akzeptieren könnte, aber nicht muss.

Europäisches Recht könnte Vorgehen erlauben

Einige Tage nach Erscheinen wurde dieser Artikel von Norbert Häring aufgegriffen. Er kritisiert, dass der "rechtliche Kern" seines Anliegens nicht abgedeckt sei, da ausschließlich Experten zu nationalen Rechtsnormen befragt wurden.

Häring hat seinerseits nun den Währungsrechtler Helmut Siekmann der Universität Frankfurt zur Thematik befragt. Er ist, so schreibt der Wirtschaftsjournalist, der Ansicht, "dass staatliche Stellen von Rechts wegen Euro-Banknoten zum Nennwert und ohne Abzug annehmen müssen", dies auch für Rundfunkanstalten gilt und somit auch GIS-Beitragszahler die Möglichkeit hätten, auf Barzahlung zu bestehen. (gpi, 04.06.2015)

Update, 10:55 Uhr: Experteneinschätzung ergänzt.

Update, 13:55: Weitere Expertenmeinung ergänzt, Artikel entsprechend erweitert und angepasst.

Update, 17:35: Name des Experten korrigiert.

Update, 10.06., 09:00: Artikel auf Basis einer Stellungnahme eines Experten der Universität Frankfurt gegenüber Norbert Häring aktualisiert.