Unter Rettungsfahrern gibt es den scherzhaften Spruch: "Mit einem Fuß im Rettungswagen, mit dem anderen im Gefängnis". Gemeint ist damit, dass trotz jahrelanger Praxis und ausreichenden theoretischen Wissens bei der Arbeit immer etwas passieren kann, das rechtliche Folgen nach sich zieht. Mit der neuen Urheberrechtsnovelle könnte es überspitzt für Internetnutzer bald heißen: "Die eine Hand auf der Maus, die andere in Handschellen".

Konkret soll das Recht auf Privatkopie überarbeitet werden. In der neuen Fassung handelt es sich um keine Privatkopie mehr, wenn etwa Musik, Filme oder anderer Content aus einer "offensichtlich rechtswidrigen" Quelle heruntergeladen wird. Aktuell ist es so, dass der Download zum rein privaten Gebrauch prinzipiell legal ist. Wird der Inhalt dann allerdings hochgeladen und anderen zugänglich gemacht, ist das eindeutig eine Vervielfältigung, also eine Straftat.

Offene Fragen

Die Novelle wirft mehrere Fragen auf: Wie wird darüber entschieden, was eine "offensichtlich rechtswidrige" Quelle ist? Wie rigoros wird diese Urheberrechtsverletzung verfolgt, und vor allem, wie soll so ein illegaler Download nachgewiesen werden? Im Prinzip öffnet diese Überarbeitung Tür und Tor für juristische Willkür. Um das vorherzusehen, muss man kein Wahrsager sein, sondern lediglich ins Nachbarland Deutschland blicken.

Dort herrscht rund um den Download ebenso juristische Unklarheit, was immer wieder zu Abmahnwellen führte. Zuletzt im Jahr 2013, als etliche deutsche Nutzer der Erotik-Streaming-Plattform "Redtube" Abmahnungen erhielten, in denen 250 Euro aufgrund eines Urheberrechtsverstoßes gefordert wurden. Viele zahlten aus Unwissenheit und Angst. Die Causa endete damit, dass jenen Anwälten die Zulassung entzogen wurde, die die Abmahnungen verschickt hatten. Auch das zuständige Landgericht ruderte zurück und befand die Vorgangsweise für unrechtmäßig.

Modernisierung des Urheberrechts notwendig

Um sich vor derartiger Willkür zu schützen, braucht es ein Urheberrecht, das endlich in einer globalisierten Welt des 21. Jahrhunderts angekommen ist. Statt auf repressive Rechtsdurchsetzung zu bauen, braucht es ein attraktiveres Content-Angebot, das den Konsumenten nicht in die Illegalität treibt. Das Vorhaben der EU-Kommission, gegen Geoblocking vorzugehen, ist bereits ein guter Anfang. Bei der geplanten Urheberrechtsnovelle der österreichischen Regierung verliert der Konsument allerdings in jedem Fall. (Daniel Koller, 10.6.2015)