Wien - Die SPÖ ist über die ständig steigende Zahl an kritischen Stimmen zur Steuerreform aus der ÖVP erbost. "Angesichts der Tatsache, dass ÖVP-Landesorganisationen und die ÖVP-dominierte Wirtschaftskammer die Steuerreform torpedieren", solle sich ÖVP-Obmann Reinhold Mitterlehner klar zur Steuerreform bekenne, forderte der scheidende SPÖ-Bundesgeschäftsführer Norbert Darabos am Donnerstag.

"Mitterlehner hat diese Einigung persönlich verhandelt, auch im Ministerrat wurden die Eckpunkte der Steuerreform bereits beschlossen. Der ÖVP-Vorstand hat dem einhellig zugestimmt. Als ÖVP-Chef ist Mitterlehner gefordert, die Schmierenkomödie von Schützenhöfer, Pröll und der ÖVP-dominierten Wirtschaftskammer zu beenden und die gefassten Beschlüsse durchzusetzen", so Darabos in einer Aussendung.

Streitpunkt Konteneinsicht

Zuletzt hatte nach der steirischen ÖVP auch die niederösterreichische Landespartei eine Konteneinsicht ohne richterliche Verfügung abgelehnt. Innerhalb der Regierung wird derzeit über Änderungen in diesem Punkt diskutiert. Im Gespräch sind mehrere Möglichkeiten: die Einrichtung eines Rechtsschutzbeauftragten, einer richterlichen Stelle oder das Vier-Augen-Prinzip. Einen richterlichen Beschluss lehnen SPÖ und ÖVP derzeit mit dem Argument, dass dies zu Verzögerungen im Verfahren führen würde, ab.

Allerdings haben hier auch die Grünen noch ein Wort mitzureden. Die Zustimmung der Oppositionspartei ist nämlich für die erforderliche Zweidrittelmehrheit im Parlament nötig. Die Grünen haben sich zuletzt für einen eigenen Senat, der beim Bundesfinanzgericht eingerichtet wird, ausgesprochen. Dieser sollte vorab - wie bei gerichtlichen Strafverfahren - über das Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen und die Verhältnismäßigkeit der Einsichtnahme in einem Schnellverfahren entscheiden. Verhandelt wird mit den Grünen ab nächsten Dienstag, nachdem eine Regierungsvorlage im Ministerrat eingebracht wird.

SP-Pensionisten: Gutschrift automatisch auszahlen

Pensionisten bekommen im Zuge der Steuerreform ab 2016 eine Gutschrift ihrer Sozialversicherungsbeiträge (vorgesehen sind maximal 110 Euro im Jahr), sie müssen dafür aber eine Arbeitnehmerveranlagung ausfüllen. Der SPÖ-Pensionistenverband will das vereinfachen und fordert die automatische Auszahlung der Gutschrift über die pensionsauszahlenden Stellen.

Viele Anspruchsberechtigte wissen nichts von der Gutschrift und "das Ausfüllen einer komplizierten Arbeitnehmerveranlagung wäre eine de facto unüberwindbare bürokratische Hürde", glaubt Pensionistenverbands-Präsident Karl Blecha und fordert daher die automatische Auszahlung direkt über die Pensionsversicherungen.

Der Pensionistenverband fordert auch die erstmalige Auszahlung schon im Juli 2016. "Damit wäre sichergestellt, dass die Gutschrift nicht erst 2017 kommt, denn die Menschen und durch sie die Wirtschaft brauchen das Geld rasch", so Blecha.

Der Pensionistenvertreter verlangte zudem neuerlich, dass Mindestpensionisten (Bezieher einer Ausgleichszulage, Anm.) nicht von der Gutschrift/Negativsteuer ausgeschlossen werden. Die knapp 225.000 Personen mit einer Pension von derzeit 872 Euro monatlich würden derzeit als einzige Bevölkerungsgruppe bei der Steuerreform leer ausgehen. Dabei bräuchten "gerade diese Menschen jeden Cent". Der Pensionistenverband forderte daher, dass auch die Bezieher einer Ausgleichszulage, vorwiegend Frauen, die 110 Euro Steuergutschrift im Jahr erhalten. "Wir appellieren auch an alle Abgeordneten im Parlament, unsere wichtige sozialpolitische Änderungsforderungen im Zuge des Gesetzwerdungsprozesses zu berücksichtigen", so Blecha. (APA, 11.6.2015)