SPÖ, au wöh. Seit zwei Wochen haben die Roten Gründe genug, sich Sorgen zu machen: das Burgenland und die Steiermark, den galoppierenden Wählerschwund und die ideologische Konfusion. Außerdem Josef Cap sowie einen Kanzler und Parteichef mit unübersehbaren Schwächen.

Politik ist in Wahrheit nichts anderes als die Fortführung der alten Kinderspiele - Fangen, Versteckerl, Tempelhüpfen, Tauziehen, Vater-Mutter-Kind - mit erwachseneren Mitteln (wenigstens fallweise). Leider hat sich Werner Faymann zu sehr aufs Versteckerlspielen versteift, so sehr, dass man in der SPÖ inzwischen den alten Parteigruß "Freundschaft!" durch den neuen Parteigruß "Wo ist eigentlich der Werner?" ersetzt hat.

Faymann hat nicht die zwischen Güte und Grant changierende großbürgerliche Aura eines Bruno Kreisky. Er hat weder die offensiv vorgetragene "Ihr könnts mich alle kreuzweis"-Attitüde von Wolfgang Schüssel noch die nikotingeschwängerte Virilität eines Viktor Klima.

Auch bei der Volksnähe hapert es. Alfred Gusenbauer oder Michael Häupl traut man zu, dass sie gelegentlich ein zweites Achtel Barolo bürsteln (manchmal sogar drei!). Einen Exzess bei Faymann stellt man sich so vor, dass er sich den Apfelsaft nicht mit stillem, sondern mit prickelndem Mineralwasser aufspritzt. Es mangelt ihm einfach an Ruchlosigkeit und politischer Dämonie, also genau an dem, was die österreichischen Wähler am allergamsigsten macht.

Zusatzproblem: Gerade bei den Arbeitern ist Faymann nur beschränkt anschlussfähig. Sie halten es nicht für gegeben, dass er sich abends rastlos im Bett wälzt, weil ihn die Sorgen um den Maurer-Pepi, die Zugeh-Mitzi oder den Schlosser-Koarl drücken. Um hier gegenzusteuern, sollte er sich wenigstens äußerlich etwas proletarischer stylen.

Leitbild kann dabei nicht der Edelprolo mit Schieberkappe und Nickelbrille sein, der in der Freizeit seinen Marx studiert. Dem hat der globalisierte Turbokapitalismus den Garaus gemacht. Faymann sollte sich mehr an die proletarische Grindvariante halten und entsprechend auftreten: beim nächsten Ministerrat mit einem T-Shirt ("Bier formte diesen wunderbaren Körper"), einer Hüsn Ottakringer und ein paar neuen Peckerln auf dem Unterarm. Ob's politisch etwas bringt? Wer weiß. Aber viel schlimmer kann's bei der SPÖ eigentlich nicht mehr werden. (Christoph Winder, 12.6.2015)