Athen - Während die Gespräche im Schuldenstreit mit Griechenland straucheln, hat Kanzler Werner Faymann (SPÖ) eine Abkehr von einigen der bisher von den Gläubigern geforderten Sparmaßnahmen gefordert. "Die extreme Sparpolitik kann so nicht weitergeführt werden", sagte Faymann in einem Interview mit der griechischen Nachrichtenagentur ANA, das der APA am Montag in deutscher Fassung übermittelt wurde.

Faymann verwies auf die steigende Arbeitslosigkeit und Armut in Griechenland. "Kaputtsparen" zerstöre das nötige Wachstum. "Griechenland hat jetzt den Anstoß gegeben, die rigide Sparpolitik zu hinterfragen. Wir haben mit Griechenland ein warnendes Beispiel, was passiert, wenn man nur spart." Dass die griechische Regierung nun eine Kurskorrektur forderte, sei "mehr als verständlich".

Reformen sind durchzuführen

Das Bundeskanzleramt betonte allerdings, die österreichische Regierung stehe weiterhin zu der Forderung der Eurozone-Staaten, Griechenland müsse vereinbarte Reformen durchführen. "Premier Tsipras hat mir versichert, dass er zu den Verpflichtungen Griechenlands steht", sagt Faymann laut einem Interview mit der griechischen Zeitung "Real News", die das Kanzleramt in Übersetzung zur Verfügung stellte. "Griechenland muss die geforderten Bedingungen einhalten", sagte Faymann auch in einem Interview mit der deutschsprachigen "Griechenlandzeitung".

Zu den laufenden Verhandlungen der Gläubiger-Vertreter mit der Athener Regierung nahm Faymann nur zurückhaltend Stellung. "Griechenland muss in die Lage versetzt werden, seine Schulden zu begleichen", sagte der Kanzler der Nachrichtenagentur ANA. Er unterstütze deshalb die Pläne der Regierung in Athen, über verstärkte Betrugsbekämpfung Geld in die Staatskassen zu bringen. Letzten Endes müssten sich "beide Seiten aufeinander zubewegen", sagte Faymann zu "Real News".

Faymann will als erster EU-Amtskollege den griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras kommende Woche in Athen besuchen. Bei seinem Besuch im Februar in Wien hatte Tsipras über Faymann gesagt, er glaube "einen guten Freund gefunden zu haben".

Am Wochenende hatte Faymann in einem Interview mit der Tageszeitung "Österreich" bereits einen Zahlungsaufschub für Athen bei Rückzahlung seiner Schulden an seine internationalen Gläubiger ins Spiel gebracht. Dies könne Teil eines auf fünf Jahre angelegten Maßnahmenpakets sein, dass auf eine Einigung auf eine kurzfristige Lösung im Schuldenstreit bis zum Sommer folgen könnte. (APA, 15.6.2015)