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Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) spricht sich weiter für Asylquoten innerhalb der EU aus.

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Marcus Franz sitzt jetzt nicht mehr beim Team Stronach und darf für die ÖVP gleich ein Schild hochhalten.

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Ebenso neu im ÖVP-Klub: Georg Vetter.

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Der Salzburger Gerhard Schmid ist jetzt wilder Abgeordneter. Die FPÖ hat ihn ausgeschlossen.

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Wien – Während der Aktuellen Stunde im Nationalrat am Mittwoch zum Thema Asyl sorgte die FPÖ-Abgeordnete Dagmar Belakowitsch-Jenewein für Aufruhr. Sie selbst habe kürzlich auf einem Flug von Wien nach Mailand eine versuchte Abschiebung miterlebt, sagte sie in einer Wortmeldung. Der Flüchtling habe eine Spritze bekommen "und sich aufgeführt", der Pilot sich daraufhin geweigert, den Flug mit ihm an Bord anzutreten. Wenn man stattdessen mit einer Herkulesmaschine abschiebe, könne er "so laut schreien, wie er will", weil die so laut sei.

Kardinal Christoph Schönborn sagte dazu: "Solche Aussagen können nur Menschen tätigen, die so etwas nicht erlebt haben oder nicht hingeschaut haben. Ich wünsche diesen Menschen nicht, dass sie selber einmal in diese Situation kommen."

Team-Stronach-Klubobfrau Waltraud Dietrich hatte zuvor die von ihrer Fraktion beantragte Aktuelle Stunde mit dem Titel "400.000 Arbeitslose, Sozialsystem nicht finanzierbar – Schutz für Verfolgte, aber kein Platz für Wirtschaftsflüchtlinge" mit der Beteuerung, man wolle damit nicht politische Kleingeld machen. Man habe sich im Aufnahmezentrum Traiskirchen umgesehen. Allein 480 Flüchtlinge seien dort in Zelten untergebracht, "der Rest liegt auf der Wiese", so Dietrich.

"Wie kann das sein, dass dort jeder mit Markenkleidung umherläuft?", lässt Dietrich dann aber Zweifel an ihrem Einleitungssatz aufkommen. Eine "Asylmafia" und eine "Schlepperindustrie" brächten die Menschen nach Österreich, diese "kriminellen Machenschaften" müssten beendet werden. Österreich müsse die Grenzen temporär dicht machen und wieder Grenzkontrollen einführen.

Brückenschlag zur Steuerreform

Stattdessen kriminalisiere die Regierung die Bürger und stelle jeden einzelnen unter Betrugsverdacht, versuchte Dietrich den abenteuerlichen Brückenschlag zum Thema Steuerreform. Die Regierung verfolge mit dem Aufweichen des Bankgeheimnisses das Ziel, das Vermögen jedes einzelnen zu erfassen und "einen Vermögensschnitt zu machen".

Die ÖVP ließ sich unterdessen ein wenig Aktionismus nicht nehmen. Mit Schildern, auf denen "Solidarität jetzt" und "EU-Quote jetzt!" zu lesen war, forderte der Parlamentsklub erneut eine Quote für die Aufteilung der Flüchtlinge innerhalb der Union. Auch Innenministerin Johanna Mikl-Leitner pochte erneut auf diese Forderung.

Danke an Kanzler

Bei Bundeskanzler Werner Faymann bedankte sich die Innenministerin dafür, dass er sich in die Asyldebatte einbringen will. Kanzler und Vizekanzler hatten am Vortag bekannt gegeben, eine Koordinierungsfunktion in Sachen Asyl einnehmen zu wollen und auch zwei Gipfel-Gespräche mit Ländern und NGOs angekündigt. Dies sei ein "starkes positives Signal", sagte Mikl-Leitner. Die EU-Innenminister konnten sich bei einem Treffen am Dienstag nicht darauf einigen.

Mikl-Leitner: "Vorurteile geschürt"

Das Thema der aktuellen Stunde des Team Stronach kritisierte die Innenministerin. Hier werde "Arbeitslosigkeit mit dem Thema Flüchtlingen bewusst vermischt". So würden Ängste und Vorurteile geschürt. Sie halte nichts davon, Arbeitslosigkeit gegen Flüchtlinge auszuspielen. Mikl-Leitner stehe dazu, den Arbeitsmarkt für Flüchtlinge nicht weiter zu öffnen. "Das heißt, es gibt hier keine Bedrohung, Wirtschaftsflüchtlinge sind nicht das Problem." Das Problem sei vielmehr, dass Wirtschaftsflüchtlinge das Asylsystem blockieren würden.

Ganz anders Alev Korun von den Grünen: Sie kritisierte die Verknüpfung der Themen Asyl und Arbeitslosigkeit. Mit der Diskussion solle Menschen, denen es schlecht geht, suggeriert werden, nach unten zu treten auf jene, denen es noch schlechter geht. Sozial Benachteiligte würden gegeneinander aufgehetzt, das sei beschämend. Der Sozialstaat gehöre ausgebaut statt zusammengespart, das sei auch finanzierbar.

Neos wollen Regierung loswerden

Die Neos möchten am liebsten gleich die ganze Regierung loswerden, die Grünen wenigstens Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP). Darum haben die Pinken einen Neuwahlantrag eingebracht. Zugestimmt haben neben den Neos nur die Grünen und die FPÖ.

Für ihren Neuwahlantrag haben die Neos eine ganze Reihe an Gründen. Parteichef Matthias Strolz ortet ein "Managementversagen" der Regierung, angefangen von der Steuerreform über die Arbeitsmarktpolitik bis zum Asylbereich. "Diese Regierung ist nicht mehr tragbar für dieses Land", meint Strolz. Er gehe davon aus, dass sich auch andere Oppositionsfraktionen dem Antrag auf Neuwahlen anschließen werden.

"Spektakuläres Versagen" im Asylbereich

Besonders "spektakulär" sei das Versagen im Asylbereich. Es sei "höchst fragwürdig", ob die Entscheidung von Mikl-Leitner, keine neuen Asylverfahren mehr einzuleiten, "in irgendeiner Form rechtskonform ist", sagte Neos-Menschenrechtssprecher Nikolaus Scherak und kündigte an, diesen Schritt auch auf europäischer Ebene zu prüfen. EU-Mandatarin Angelika Mlinar werde die EU-Kommission einschalten. "Das Einzige, was die Bundesregierung macht, ist, dass sie offensichtlich versucht, die FPÖ rechts zu überholen." Nicht nur die Innenministerin sei aus seiner Sicht rücktrittsreif, sondern die gesamte Regierung.

Auch den Entschluss der Regierung, die Kontenöffnung ohne richterlichen Beschluss möglich zu machen, kritisiert Strolz: "Dazu bleibt unser klares Nein." Das Thema werde zur "Nagelprobe" für die Grünen werden, die auf eine richterliche Kontrolle gedrängt hatten. "Das heißt, der Finanzminister steht ohne Zweidrittelmehrheit da, außer die Grünen fallen um", sagte Strolz.

Grünes Misstrauen gegen Mikl-Leitner

Die Grünen sprechen Mikl-Leitner ihr Misstrauen aus. Deren Bilanz in der Asylpolitik falle nämlich "vernichtend" aus, übte Klubchefin Eva Glawischnig am Dienstag auch Kritik am jüngsten "Erpressungsversuch" der Innenministerin.

Den grünen Misstrauensantrag haben nur die Neos unterstützt. Was den Grünen an Mikl-Leitners Arbeit nicht passt: Ständige Verschärfungen des Asylrechts, die Errichtung von Zelten für Flüchtlinge, obwohl es – laut Glawischnig – freie Quartiere gegeben hätte, und zuletzt noch ihre Ankündigung, keine neuen Asylverfahren mehr einzuleiten und nur mehr Rück- und Abschiebungen (Dublin-Fälle) zu bearbeiten. Letzteres sei ein "Erpressungsversuch auf europäischer Ebene", meinte Glawischnig, die der Ministerin auch "Panikmache" vorwarf.

Kampf gegen Arbeitslosigkeit

Auf dem Programm steht zudem ein Gesetzesbeschluss, mit dem die Arbeitslosigkeit Älterer mit zusätzlichen Mitteln bekämpft werden soll. Konkret werden in den kommenden beiden Jahren jeweils 250 Millionen Euro aus Mitteln der Arbeitslosenversicherung bereitgestellt, um über 50-Jährige, die länger als sechs Monate auf Jobsuche sind, wieder in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Alle sechs Parteien stimmten für das Gesetz.

Aufgrund der Wahlen und dem Trubel innerhalb der FPÖ kam es im Parlament auch zum Sesselrücken. Günther Kumpitsch wurde der Nachfolger von Mario Kunasek angelobt, der als Klubobmann in den steirischen Landtag gewechselt ist.

Auch für zwei andere freiheitliche Mandatare hieß es Abschied nehmen, aber nicht aus dem Nationalrat sondern nur aus ihrem Klub. Rupert Doppler und Gerhard Schmid wurden nach der Spaltung der Salzburger FPÖ aus der Fraktion geworfen und sind nunmehr "wilde Abgeordnete". Die neue Rolle nahm am Mittwoch nur Schmid ein. Doppler ließ sich entschuldigen. (koli, smo, APA, 17.6.2015)