"Lokale mikroökonomische Potenziale" zu heben, das wird in der Seestadt Aspern versucht.

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Mit Projekten wie Aspern kehrt die Stadt zu einer Struktur zurück, wie sie bis ins frühe 20. Jahrhundert üblich war – "ein multifunktionaler Produktions- und Lebensraum und Handelsort mit geringer Flächenausdehnung", stellte der Raumplaner und Architekt Robert Korab die moderne Stadtplanung in seinem Einleitungsvortrag beim jüngsten STANDARD-Wohnsymposium in einen historischen Rahmen.

Erst mit der "Charta von Athen" aus dem Jahr 1933 setzte sich unter Planern die Vorstellung durch, dass Wohnraum von den damals noch stark belasteten Produktionsstätten getrennt werden sollte. Die Schlafstadt war geboren – mit all ihren unvorhersehbaren negativen Konsequenzen. Erst der Neue Urbanismus brachte ab den 1990er-Jahren ein Umdenken, das sich auch in Wiener Stadterweiterungsplänen niederschlug.

Ende der Kernfamilie

Mit den neuen Konzepten seien auch neue Herausforderungen entstanden, betonte Korab. Die traditionelle Kernfamilie und vorhersehbaren Lebensbiografien seien immer seltener; der Alltag sei komplexer; die Arbeitsplatzsituation gerade für junge Menschen immer prekärer. Anders als früher müsse man "mehr Verantwortung für sich und die eigene Lebens- und Arbeitssituation übernehmen".

Das Freizeitverhalten sei weniger klar strukturiert. Menschen würden "immer mehr Zeit im Wohnumfeld verbringen", so Korab. Aber gerade die Geschäftsstruktur sei dort durch die Konkurrenz der Einkaufszentren bedroht.

Was kann die Stadtplanung tun? Flächen im Erdgeschoß sichern, öffentliche Räume hochwertig ausgestalten, die Abhängigkeit vom Auto verringern, Grün- und Freiraum schaffen und "lokale mikroökonomische Potenziale" durch Kleinstunternehmen erschließen. Hilfreich sei auch eine "niederschwellige Nachbarschaftsökonomie" mit gegenseitiger Dienstleistungen. "Die wichtigste Strategie für das soziale System Stadt aber ist: Bildung, Bildung, Bildung", schloss er. (ef, 17.6.2015)