Kein rotes Telefon: Samuel L. Jackson wird nicht erhört.

Foto: Ascot Elite
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Wien - Der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika kann beim zweiten Versuch in Spiegelschrift schreiben. Eben mit der Air Force One über den finnischen Wäldern abgeschossen, gilt es die Zahlenkombination zum Öffnen der Rettungskapsel an die Scheibe zu malen. Von innen. Denn nur der zufällig anwesende 13-jährige Oskari (Onni Tommila) kann den angeblich mächtigsten Mann der Welt aus seinem sicheren Gefängnis befreien.

Die Unbeholfenheit, die Präsident Moore (Samuel L. Jackson) bei der gemeinsamen Flucht aus der Wildnis an den Tag legt, passt zu seinen aktuellen Umfragewerten. Und sie entspricht der für ihn traurigen Tatsache, dass er auf einen mit Pfeil und Bogen bewaffneten Buben angewiesen ist, der von seinem Dorf ausgesetzt wurde, um als Mann - weil mit Jagdtrophäe - zurückzukehren. Statt eines kapitalen Hirschs hat Oskari eine lahme Ente im Gepäck.

Weil Gegensätze einander nicht unbedingt anziehen, sind auch der schlaksige Amerikaner und der etwas pummelige Finne nicht beste Freunde auf den ersten Blick, doch viele Mühen und ebenso viele Filmminuten schweißen die beiden aneinander, vor allem deshalb, weil Terroristen ebenfalls einen Landeplatz gefunden haben, um mit dem friedfertigen Präsidenten in Händen den Krieg gegen den Terror weiterführen zu können.

Selbstironie und Blödelei

Politisch betrachtet, ist das, wovon Big Game erzählt, Kleinholz. Der arabische Superschurke schleppt eine Superrakete nach Finnland, der Verräter an Bord hat sich uns nach kürzester Zeit verraten, und in der CIA-Zentrale, wie immer von hektischem Treiben bestimmt, sind wohl auch nicht alle Stellen dicht. Aber das macht nichts, weil dieser Film seine hanebüchene Story ebenso wenig ernst nimmt wie sich selbst. Der Grat zwischen Selbstironie und Blödelei ist mitunter zwar sehr schmal, doch der finnische Regisseur Jalmari Helander bewältigt ihn in seinem zweiten Spielfilm über weite Strecken erstaunlich gewandt.

Dass die Vorbilder allerorten durchblitzen, gereicht Big Game deshalb auch nicht zum Nachteil, sondern erzeugt entsprechenden Mehrwert: Wer sich daran erinnert, wie Sidney Poitier in Shoot to Kill als linkischer Großstadtcop im Gebirge dem Wildtier ins Auge blickte, hat auch an Samuel L. Jacksons Persiflage auf den Outdoor-Einsatz seine Freude.

Die Sache mit der Mannwerdung erledigt sich am Ende übrigens fast von selbst, und zwar deshalb, weil einfach keine Zeit mehr bleibt, um über sie nachzudenken. Und tatsächlich passt ein US-Präsident besser in die Jagdsammlung eines kleinen Finnen als in jene von Terroristen. (Michael Pekler, 18.6.2015)