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Graffiti in Athen.

Foto: AP Photo/Petros Giannakouris

Jetzt machen alle freundliche Nasenlöcher. Obwohl der Eurogruppen-Sondergipfel zur Griechenlandkrise Montagabend keine Einigung brachte, scheint diese in greifbare Nähe gerückt zu sein. Allerdings lassen die nun vorliegenden Eckpfeiler befürchten, dass mit den Sparmaßnahmen die soziale Schieflage verstärkt, der Abschwung beschleunigt und die Budgetziele verfehlt werden.

Das hängt vor allem mit dem Mix der Maßnahmen zusammen, zu denen sich Regierungschef Alexis Tsipras offenbar hinreißen ließ. Schenkt man den bisher vorliegenden Plänen Glauben, konzentrieren sich die 5,2 Milliarden Euro an Budgetverbesserung bis Ende 2016 auf einnahmenseitige Eingriffe. Vor allem die Anhebung bisher ermäßigter Mehrwertsteuersätze und die höheren Pensions- und Gesundheitsbeiträge sollen Geld in die leeren Kassen spülen. Die Vorhaben sind nicht nur sozial unverträglich, sondern zudem in hohem Maße wachstumsfeindlich.

Offenbar hat Tsipras seine Grundsätze geopfert, um echte Strukturreformen vermeiden zu können. Das ist aber genau der falsche Ansatz. Für Athen und Brüssel gleichermaßen wäre es wichtig, sich nicht auf kurzfristige Saldenverbesserung zu stürzen, sondern eine nachhaltige Systemkorrektur herbeizuführen. Etwas plastischer formuliert: Griechenland muss vor der eigenen Türe kehren, benötigt dafür aber auch einen Besen.

Das nun vorliegende Paket kann nur als Gegenteil dessen bezeichnet werden, was sinnvoll wäre. Denn wenn die Konjunktur zusätzlich abgewürgt wird, steht Griechenland trotz höherer Abgaben am Ende des Tages mit noch weniger Einnahmen da. Die jetzt schon jenseits aller Tragfähigkeit liegende Verschuldung wird damit nur weiter steigen, ohne dass eine Aussicht auf Verbesserung der Lage bestünde.

Was besonders schmerzt sind die Belastungen der unteren Einkommensschichten: Mit der kolportierten Anhebung der Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel und Strom wird die Armut weiter steigen. Bekanntermaßen geben die untersten Einkommensschichten verhältnismäßig am meisten für die Grundversorgung aus, weshalb eine Verteuerung in diesem Bereich Niedrigverdiener besonders hart trifft. Wie das ein linker Hoffnungsträger seinen Wählern erklären wird, darauf darf man gespannt sein. Möglicherweise kann das Syriza-Experiment aber ohnehin bald für beendet erklärt werden. Das Scheitern des Helden würde bestens zum Wesen einer Tragödie passen. (Andreas Schnauder, 23.6.2015)