Jetzt wird also auch in Europa enthauptet. Opfer wurde am Freitag ein Transportunternehmer aus Lyon. In Tunesien starben gleichzeitig dutzende Menschen unter dem Kugelhagel von Islamisten. Ereilen kann einen die Terrorgefahr überall. Und viele sagen sich schon schulterzuckend: Mit dieser Todeslotterie muss man leben.

Das Gefährliche daran ist aber – über die direkte tödliche Bedrohung hinweg – die Einschränkung der Bürgerrechte, die damit einhergeht. Frankreich hat diese Woche ein neues Sicherheitsgesetz verabschiedet, das der Polizei ähnlich weitgehende Befugnisse einräumt wie der vielgerügten amerikanischen Behörde NSA. Am Freitag meinten in Paris viele Politiker, jetzt liege die Legitimation solcher Gesetze auf der Hand.

Verhält es sich wirklich so? Der Attentäter von Freitag war bei der Polizei schon früher registriert gewesen, so wie es der "Banlieue-Terrorist" von 2012 in Toulouse, Mohammed Merah, gewesen war. Wegen nicht akuter Gefahr wurden beide aber wieder unbeaufsichtigt gelassen. Es darf bezweifelt werden, dass die neuen Abhörmethoden daran etwas geändert hätten: Wenn das nötige Überwachungspersonal fehlt, nützt die ausgefeilteste Technologie nichts.

Eines ist auf jeden Fall klar: Nach der Verabschiedung des äußerst einschneidenden Sicherheitsgesetzes haben die französischen Polizeiermittler ab sofort eine Ausrede weniger, wenn sie potenzielle Terroristen laufenlassen. (Stefan Brändle, 26.6.2015)