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Die Zeit rast. Auch in Athen.

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"Kapitalkontrollen in einer Währungsunion sind ein Widerspruch in sich. Die griechische Regierung lehnt dieses Konzept ab", so Yanis Varoufakis.

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Athen/Frankfurt – Die griechischen Banken werden am Montag nach Angaben des Instituts Piraeus Bank nicht öffnen. In Finanzkreisen hieß es am Sonntagabend zudem, auch die Börse in Athen werde zum Wochenauftakt geschlossen bleiben.

Die Europäische Zentralbank (EZB) hat zuvor am Sonntag entschieden, dass griechischen Banken weiterhin Milliarden-Nothilfen zur Verfügung stehen. Das Volumen der Mittel wurde aber nicht erhöht. Ein vollkommener Zusammenbruch des griechischen Finanzsektors wird damit vorerst vermieden. Nach dem Abbruch der Gespräche mit den Geldgebern war unklar, ob die EZB der griechischen Notenbank weiterhin erlaubt, Mittel an die unter dem massenhaften Abziehen von Einlagen leidenden Banken zu vergeben. Regierungschef Alexis Tsipras hat für heute, 20.00 Uhr Ortszeit, eine neuerliche Krisensitzung des Kabinetts in Athen einberufen. Das meldete das staatliche Fernsehen, ohne weitere Details zu nennen.

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Griechenland will am kommenden Sonntag das Volk befragen, ob es das Sparprogramm der Geldgeber will oder nicht. Am Samstag waren zudem die Gespräche zwischen der Athener Regierung und ihren Geldgebern gescheitert. Damit erhält Griechenland vorerst keine weiteren Finanzhilfen. Dem Mittelmeerland droht binnen Tagen die Zahlungsunfähigkeit, weil unklar ist, ob es eine 1,6 Milliarden Euro schwere Kreditrate an der Internationalen Währungsfonds (IWF) zurückzahlen kann.

Laut Nachrichtenagentur Reuters tritt am Sonntag in Athen der Finanzstabilitätsrat des Landes zusammen. Mit dabei sind hier der Finanzminister Varoufakis, sein Vize Dimitris Mardas, der Nationalbank-Chef Yiannis Stournaras, der Chef der griechischen Bankenvereingiung, der Vorsitzende des HFSF Bankenrettungsfonds und der Chef der Kapitalmarkt-Kommission.

Spekulationen um Kapitalverkehrskontrollen

Die Ankündigung eines Interviews der britischen BBC mit dem griechischen Finanzminister Yanis Varoufakis sorgt für Spekulationen, ob Griechenland schon Kapitalverkehrskontrollen erwägt. Auf Twitter hatte er jedenfall Folgendes zu sagen

Wenig später hat Varoufakis in einer Twitter-Nachricht seine ablehnende Haltung zu den sogenannten Kapitalverkehrskontrollen bekräftigt. Damit würden zum Beispiel die Beträge für Abhebungen an Bankomaten auf relativ kleine Summen gekappt.

"Kapitalkontrollen in einer Währungsunion sind ein Widerspruch in sich. Die griechische Regierung lehnt dieses Konzept ab", schrieb Varoufakis.

Nach der Entscheidung der EZB, ihre Nothilfen für die Banken nicht zu kappen, sondern zunächst konstant zu halten, ist das schlimmste Szenario für die Banken vorübergehend vom Tisch. Ob die Finanzinstitute am Montag ihren Verpflichtungen gegenüber Kunden uneingeschränkt nachkommen können, gilt aber als unsicher.

Notfall-Programm

Das ELA-Programm ist ein Notfallinstrument im europäischen Zentralbankensystem. Es richtet sich an Banken, die sich zeitweise in einer außergewöhnlichen Situation befinden. Die Abkürzung ELA steht für die englische Bezeichnung Emergency Liquidity Assistance. Für Griechenland sind die Hilfen zuletzt zu einer Art Blutspende geworden, ohne die das Finanzsystem des Landes zusammenbrechen würde.

Ohne weitere Finanzhilfen droht dem griechischen Bankensystem der Kollaps, da die Bankkunden aus Sorge vor dem Bankrott des Landes seit Tagen massiv Geld von ihren Konten abheben. Die EZB hatte in den vergangenen Wochen immer wieder die Nothilfe für die griechischen Banken erhöht, um einen Engpass zu vermeiden.

"Schlüssel in der Hand"

Varoufakis sieht indes die EU und speziell die deutsche Kanzlerin Angela Merkel bei der Lösung der Griechenland-Krise in der Pflicht. Die EU-Regierungschefs müssten handeln und von ihnen halte Merkel als Vertreterin des wichtigsten Landes den Schlüssel in der Hand, sagte Varoufakis der "Bild"-Zeitung. Athen sei für ein neues Angebot seiner Gläubiger offen, erklärte Varoufakis.

In Berlin hat Merkel für Montag die Spitzen der Bundestagsparteien zu einem Sondertreffen ins Kanzleramt eingeladen.

Einschätzungen von Bank-Analysten

Die EZB hält unterdessen Kreisen zufolge eine vorübergehende Schließung der griechischen Banken bereits ab Montag für notwendig. Die EZB sehe die Notkredite für die Institute als nicht ausreichend an, berichtete die Nachrichtenagentur Bloomberg unter Berufung auf mit der Angelegenheit vertraute Personen. Ein EZB-Sprecher wollte sich zu den Informationen nicht äußern.

"Die EZB wird die griechische Regierung dazu drängen, ab Montag Kapitalverkehrskontrollen einzuführen und die Banken geschlossen zu halten", meint auch der Chefökonom der Bank Austria, Stefan Bruckbauer am Sonntag in einer ersten Einschätzung. Auch Raiffeisen-Analyst Peter Brezinschek rechnet mit einem eingeschränkten Bankbetrieb am Montag.

"Die EZB hat den Stecker noch nicht zogen, aber die Hand daran", kommentierte Brezinschek die Entscheidung des EZB-Rates vom Sonntag. Griechenland sei auf den Weg in die Zahlungsunfähigkeit. Spätestens wenn die Pleite formal feststeht, müsste die EZB die Banken-Nothilfen kündigen und fällig stellen.

Brezinschek geht aber davon aus, dass man seitens der EZB versuchen wird, das Referendum in Griechenland am 5. Juli abzuwarten. Der Experte hält es für möglich, dass die Griechen für neue EU-Hilfen stimmen, dann sei die Regierung von Alexis Tsipras aber am Ende.

"Schuss ins eigene Knie"

Für den Chefanalysten der Erste Group, Friedrich Mostböck, war der griechische Poker ein "Schuss ins eigene Knie". Nun stehe ein Eurozonenland vor der Situation, dass es keine Euros mehr habe. Neben der IWF-Zahlung werde Athen wohl auch die Juni-Gehälter der Beamten nicht auszahlen können. Für Griechenland sei dies eine Übergangsphase der "extremen Unsicherheit",

Börsen erwarten Beben

An den Börsen wird schon einmal mit einem heftigen Beben zu Wochenbeginn gerechnet. "Der DAX wird am Montag mindestens 300 bis 400 Punkte tiefer eröffnen", sagte NordLB-Aktienstratege Tobias Basse, "alles weitere hängt dann von der Nachrichtenlage ab." (APA, red, 28.6.2015)