Bild nicht mehr verfügbar.

Chilly Gonzales nahm "Chambers" gemeinsam mit dem Hamburger Kaiser-Quartett auf. Am Donnerstag präsentiert er das Album am Jazzfest Wien – in der Staatsoper.

Foto: EPA / Andrzej Grygiel

Wien – Gar viele Seelen wohnen im exzentrischen Bademantel des Pianisten Chilly Gonzales. Da gibt es etwa einen Hip-Hopper, aber auch einen Impressionisten, einen Popstar, einen Jazzer oder einen Romantiker.

Den produktiven Clinch zwischen diesen Persönlichkeitsanteilen bringt der 1972 in Kanada geborene und in Köln lebende Musiker am Donnerstag in die Wiener Staatsoper – wenn er beim Jazzfest Wien gemeinsam mit dem Hamburger Kaiser-Quartett (und einem Drummer) seinen jüngsten Streich, das Album Chambers, präsentiert. Gonzales, der nicht nur als Solomusiker Bekanntheit erlangte, sondern auch als Produzent bei Platten von Jamie Lidell oder Feist seine Finger im Spiel hatte, nähert sich darauf der Kammermusik.

Auf formvollendete Stilübungen hat es Gonzales, der mit bürgerlichem Namen Jason Charles Beck heißt, dabei aber nicht abgesehen. Er verschränkt vielmehr die Kammermusik mit Pop. Denn: Ein solcher sei sie auch gewesen, als sie dereinst als demokratisierende Opponentin der Kirchenmusik auf den Plan trat.

Bluesbärtchen in Schuberts Gesicht

Und so klingt Gonzales' Aneignung zwischendurch wie Filmmusik, ein andermal wie streicherlastiger Pianorock. Hier malt Gonzales altehrwürdig Angehauchtem Bluesschnörkel ins Gesicht, dort zelebriert er auf gut minimalistisch Schwebungen. Hier tupft er zärtlich Sternenhimmel hin, um, zurück auf dem Erdboden, das Klavier wieder als Schlagzeug zu benutzen. Die Streicher ahmen zwischendurch auch mal Effekte nach oder werden versuchsweise zum Medium für den Geist des Hip-Hop. Getrieben ist all dies nicht nur von einer herzhaften Virtuosität, sondern vor allem auch von einem gewaltigen Schalk im Nacken.

Gonzales teilt sich die Bühne am Donnerstag mit der Kombo Plaza Francia, die Tango mit Synth-Bässen verbindet. Ein weiteres Highlight des Jazzfests könnte indes das Doppel aus dem US-amerikanischen Vokalausnahmekünstler Rufus Wainwright und der Mezzosopranistin Angelika Kirchschlager werden. Am Sonntag wird dabei nachgeholt, was im vergangenen Jahr im Festspielhaus St. Pölten krankheitsbedingt ausfallen musste.

Bespielt werden neben der Staatsoper aber auch das Jazzland oder das Porgy & Bess. Dort gastieren etwa Justin Kauflin oder das Viola Hammer Trio. Und im Arkadenhof im Rathaus treffen u. a. die Jamaikaner Sly & Robbie auf Trompeter Nils Petter Molvaer. (Roman Gerold, 30.6.2015)