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Die von der neuen Regierung geplante Touristenabgabe könnte das Ende des Massentourismus auf Mallorca bedeuten, fürchtet die Tourismusbranche.

Foto: REUTERS/Enrique Calvo

Mallorca – Als auf Mallorca die Befürchtung der Restaurant-Besitzer, Hoteliers und Reiseveranstalter Gewissheit wurde, schlug manch einer verärgert auf den Tisch. Touristen sollen künftig eine Öko-Abgabe zahlen. Das könnte Urlauber abschrecken.

Am Ballermann hatte sich die Botschaft noch nicht rumgesprochen. "Eine Urlaubssteuer wird hier eingeführt? Quatsch, wer sagt das denn?", fragt Pensionist Helmut (68) aus Gelsenkirchen so überrascht, dass er fast vom Strandstuhl fällt. Wer das sagt? Die Sozialistin Francina Armengol, die an diesem Mittwoch als erster weiblicher Regierungschef der spanischen Ferieninseln den Amtseid ablegen soll.

"Ecotasa" ab 2016

Nach den Wahlen im Mai, bei denen die konservative Regierung nach vielen Korruptionsaffären abgewählt worden war, hatte es geheißen, die Sozialisten (PSIB) stünden einer Touristenabgabe skeptisch gegenüber. Doch am Ende mussten sie der Forderung der Öko-Regionalisten der Mes und der linken Protestpartei Podemos nachgeben, die die Regierung mittragen bzw. "tolerieren" wollen. "Die Einführung der "Ecotasa" (Ökosteuer) ist kein Anspruch, sondern eine Pflicht", sagte Armengol (43) am Montag im Regionalparlament in Palma de Mallorca.

Noch steht nicht fest, wie hoch die Abgabe sein soll – es ist von einem bis zwei Euro pro Tourist und Nacht die Rede – und wie und wo sie kassiert werden soll. Die Gegner der Pläne schnauben aber vor Wut. "Eine Ecotasa ist Unsinn", sagt Sebastian Darder, Chef des Hotelierverbandes von Palmanova/Magaluf, der Deutschen Presse-Agentur. Bei einer fünfköpfigen Familie kämen da schnell 100 Euro zusammen. "Wenn die Abgabe aber erhoben wird, hoffen wir, dass die Einnahmen nicht etwa für soziale Zwecke wie Krankenhäuser oder so verwendet werden, sondern in den Tourismus reinvestiert werden", fordert Darder.

Verlängerung der Saison fraglich

Andere gehen noch weiter in der Kritik. "Die erwarteten Einnahmen machen den Schaden, der durch die Ecotasa verursacht wird, nicht wett. So verrückt das klingen mag: Schon wegen eines Aufpreises von insgesamt zehn Euro verzichten viele auf eine Reisebuchung", meint der Chef des Reiseveranstalters Barcelo Viajes, Gabriel Subias. Und Bernat Vicens von Fergus Hotels ist davon überzeugt, dass die Abgabe – die vermutlich ab 2016 von Hotelgästen, aber auch von Campingplatzbesuchern, Mieter von Ferien- und privaten Unterkünften bezahlt werden soll – den schleppenden Bemühungen zur Verlängerung der Saison den endgültigen Todesstoß versetzen wird.

Obwohl andere spanische Regionen wie Katalonien mit Touristenabgaben ähnlich der deutschen Kurtaxe gute Erfahrungen machen, haben viele Mallorquiner die Zeit zwischen 2001 und 2003 in Erinnerung. Dank einer Ökosteuer waren damals zwar 160 Millionen Euro in die Insel-Kassen flossen – unterm Strich blieb aber wegen des Einbruchs der Buchungen ein großes Minus.

Ökosteuer könnte Billigtouristen verschrecken

Für Pensionist Helmut geht es nicht ums Geld, beteuert er, sondern "ums Prinzip". "Wenn man uns schröpfen will, fahren wir nächstes Mal woanders hin", sagt er, während die Frau Gattin zustimmend nickt.

Man hat nun Angst, dass sich die Ökosteuer erneut als Bumerang erweist und vor allem die Billigtouristen unter den 14 Millionen Gästen (darunter vier Millionen Deutsche) verschreckt, die zuletzt Mallorca, Menorca, Ibiza und Formentera jährlich besuchten. Aber nicht nur die "Ecotasa" lässt Hoteliers zittern. Da sind dieses "neue Wirtschaftsmodell" und dieser "nachhaltigere Tourismus", die vom Linksbündnis propagiert werden.

Die Wahlverlierer, allen voran die Politiker der konservativen Volkspartei, warnen vor Chaos, vor Urlauber- und Investorenschwund. Isabel Oliver winkt ab. "Wir wollen die Saison wieder von sechs auf zehn Monate verlängern, damit wir in den Sommermonaten weniger Druck haben und die Arbeitsplätze im Tourismussektor mehr Stabilität und mehr Qualität erlangen. Und wollen auch, dass die riesigen Einnahmen besser verteilt werden", erklärt die 54-jährige Tourismus-Sprecherin von der PSIB.

Ende des Massentourismus?

Wenn es nach den Vorstellungen des PSIB-Koalitionspartners Mes geht, könnte der Ballermann bald ganz anders aussehen. Auf den Punkt brachte es Mes-Koordinator David Abril im Interview der "Mallorca Zeitung". Man müsse die Grundlage für einen langfristigen Wandel legen. "Was für ein Mallorca wollen wir 2020? Wollen wir das Miami des Mittelmeers sein, oder doch lieber Costa Rica?"

Also bald kein Massentourismus mehr? Der Sektor macht auf den Balearen immerhin 80 Prozent des Bruttoinlandsprodukts aus. Man brauche keine 14 Millionen Urlauber, meint Abril. 1985 habe man mit fünf Millionen das höchste Pro-Kopf-Einkommen Spaniens gehabt – "nun rangieren wir trotz Urlauberrekorde im unteren Mittelfeld". Die Kassen seien leer. "Der Alptraum ist vorbei", rief Armengol im Parlament. Nach Meinung einiger fängt er gerade erst an. (APA, dpa, 1.7.2015)