Wien/Athen – Für Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) hat die griechische Regierung das Schicksal ihres Landes selbst in der Hand. Vorzulegen habe sie nun ein echtes Reformprogramm, und nur wenn dieses glaubwürdig sei, seien die anderen Euroländer bereit, über Brückenfinanzierungen zu reden, stellte der Kanzler am Donnerstagvormittag in seiner Erklärung vor dem Nationalrat klar.

Live-Stream aus dem Nationalrat.

Dass es mit Sonntag, dem Ablaufen des jüngsten EU-Ultimatums an Griechenland, zu einem Ende "in Hollywood-Manier" kommen werde und man die ganze Sache abhaken könne, brauche niemand zu erwarten. Faymann zeigte sich aber durchaus bereit, "offenen Herzens" und mit tiefer Überzeugung an einem neuen Hilfsprogramm für Griechenland mitzuwirken. Voraussetzung dafür sei aber, dass Athen eine Ernsthaftigkeit mit seinen Vorschlägen an den Tag lege, die in den letzten Monaten gefehlt habe.

Faymann: Falsche Betroffen

Dass die Griechen vor ihrem Referendum aus dem Verhandlungsprozess ausgestiegen seien, bezeichnete der Bundeskanzler als "Fehler". Denn eine Fortsetzung des laufenden Programms wäre viel leichter gewesen, als ein neues ins Leben zu rufen.

Dass man überhaupt noch daran denke, Hilfsprogramme für Athen zu schnüren, begründete Faymann damit, dass die Krise die Falschen getroffen habe, nämlich jene, die krank oder arbeitslos seien. Andererseits sei aber auch zu verstehen, dass Länder, wo Steuergesetze zu 97 Prozent eingehalten werden, nicht gerne für einen Staat zahlen wollten, wo nur 50 Prozent oder weniger ihre Abgaben leisteten.

Kritisch betrachtete Faymann die Konstruktionsfehler des Euro, die nun zutage treten würden. Es seien bei der Einführung nicht ausreichend Regelwerke geschaffen worden, die man auch nur mit Mehrheit, also nicht zwingend einstimmig, einsetzen könne.#

Schelling: Nur noch Zeit bis Sonntag

Finanzminister Hans Jörg Schelling hat klar gestellt, dass sich das Schicksal Griechenlands in der Eurozone noch diese Woche entscheiden muss. Bis Sonntag in der Nacht werde verhandelt. Dann werde es zu einer positiven Lösung kommen oder zu einer, "die uns allen" großen Schaden bringen könne.

Voraussetzung dafür, dass Griechenland noch einmal Hilfen bekommt, ist für Schelling, dass vertrauenswürdige Maßnahmen gesetzt werden. Sollten – wie kolportiert – bereits Anfang kommender Woche im Parlament Reformgesetze beschlossen werden, würde das Vertrauen herstellen.

Lopatka kritisiert Faymann

ÖVP-Klubchef Reinhold Lopatka kritisierte in der anschließenden Debatte den Umgang mit dem griechischen Premier Alexis Tsipras. Dieser sei von der europäischen Linken gefeiert worden, stehe aber für Konflikt statt Kompromiss und habe in kürzester Zeit jedes Vertrauen verloren. Faymann agiere dennoch als dessen "neuer Freund". Europas Regierungschefs müssten kühlen Kopf bewahren. "Ich ersuche Sie, Herr Bundeskanzler, auf der richtigen Seite zu stehen."

Der grüne Vize-Klubchef Werner Kogler meinte, dass eine ungeordnete Pleite die teuerste Variante für alle wäre. "Solidarität gegen Reformen" lautete der Deal, der Neos-Klubchef Matthias Strolz vorschwebte. Das Land werde jedenfalls bei 320 Milliarden Euro Schulden ohne Schuldenschnitt nie und nimmer wieder auf die Beine kommen.

Für die FPÖ bezeichnete es Klubchef Heinz-Christian Strache hingegen als "völlig absurd, der griechischen Tragödie einen weiteren Akt hinzuzufügen". Jedenfalls dürfe kein einziger weiterer Cent aus Österreich ohne Legitimation durch eine Volksabstimmung mehr fließen. Für Waltraud Dietrich vom Team Stronach ist mit der griechischen Volksabstimmung die Entscheidung ohnehin schon gefallen. Die Griechen seien gegen Spar- und Reformauflagen, damit könnten sie auch nicht im Euro bleiben.

Neues Gesetz für Bundestheater

Das eigentliche Plenarprogramm am letzten Tag vor der Sommerpause ist – im Vergleich zu den Tagen davor – recht unspektakulär. Größter Beschluss ist eine dem Burgtheater-Skandal folgende Novelle zum Bundestheaterorganisationsgesetz, mit der die Kompetenzen zwischen Ministerium und Holding neu geordnet werden.

Mit einer Schulnovelle verschwindet der Begriff "schwerstbehindert" und wird durch die Wendung "mit erhöhtem Förderbedarf" ersetzt. Die Zentralmatura wird (mit 2017) auch auf Berufs- und Abendschulen ausgedehnt.

Eröffnet wurde die Sitzung mit einer Fragestunde an Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP). Dass noch gut 80 der zugesicherten Mitarbeiter im Strafvollzug fehlen, begründete der Minister wiederum damit, dass es sich um eine intensive Ausbildung handle und man daher erst sukzessive die Posten besetzen könne. 30 der neuen Mitarbeiter kämen übrigens schon fix aus dem Verteidigungsressort. Weitere 30 könnten noch dazu stoßen.

Sitzung ohne Darabos

In den Reihen der SPÖ sitzt am Donnerstag ein Mann weniger. Da Norbert Darabos mit dem heutigen Tag endgültig als Landesrat ins Burgenland wechselt, blieb sein Platz frei. Als sein Nachrücker ist – gemäß der Kandidatenliste – Jürgen Schabhüttl vorgesehen, was freilich die SPÖ-Frauen nicht freut, da sie eine weibliche Nachrückerin forcieren. Eigentlich hätte dazu im letzten Bundesvorstand eine Entscheidung fallen sollen, was aber dem Vernehmen nach unterblieben ist. (APA, 9.7.2015)