In Zeiten zweckentfremdeter Postbusse und aus dem österreichischen Boden schießender Flüchtlingszelte ist es ein Hoffnungsschimmer, ein rares Zeichen von Humanität: Die Slowakei nimmt 500 Flüchtlinge aus dem Erstaufnahmezentrum Traiskirchen auf – jener proppenvollen Institution, die vor allem in den vergangenen Wochen durch unmenschliche Bedingungen in die Kritik geraten ist und so zum Synonym für eine gänzlich gescheiterte österreichische Asylpolitik wurde. Gleichzeitig ist der geplante Deal zwischen Wien und Bratislava eine Bestätigung dafür, dass zumindest Teile der EU gewillt sind, in der Frage der Flüchtlingsaufnahme zu kooperieren. So viel zu den positiven Aspekten.

In negativer Hinsicht allerdings muss allen Ernstes gefragt werden, ob Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) ein Patent darauf hat, in möglicherweise guter Absicht oftmals das Falsche zu machen. "Wenn die EU es nicht schafft, rasch eine nachhaltig faire, fixe Quote zu fixieren, dann müssen wir bilateral aufs Tempo drücken", kommentierte sie am Donnerstag das geplante Abkommen in der ihr eigenen Mischung aus Trotz und Eigenlob. Alternativen zu einer verpflichtenden EU-weiten Quotenverteilung von Flüchtlingen zu finden, die mit hoher Wahrscheinlichkeit noch sehr lange auf sich warten lassen wird, ist nicht nur ein hehres Anliegen, sondern auch und vor allem die Pflicht einer für das Asylwesen zuständigen Innenministerin. Das Abkommen mit der Slowakei ist allerdings keine sinnvolle Option.

Der Wien-Bratislava-Deal steht auf ausgesprochen wackeligen juristischen Beinen, doch das ist nicht einmal das größte Problem. Mikl-Leitner setzt mit der Auslagerung von 500 Flüchtlingen einmal mehr auf das Prinzip Verdrängung. Jetzt, da durch den Medien zugespielte Fotos die katastrophalen Zustände in Traiskirchen bekannt wurden, schiebt sie die Schwierigkeiten ins Ausland ab. Es geht – mögliche Umsetzungshürden ignorierend – darum, positive Schlagzeilen zu liefern, die von den grundlegenden Problemen ablenken, die die Innenministerin nicht zu lösen imstande ist.

Fakt ist: Österreich muss die Flüchtlingsunterbringung nicht "outsourcen", muss keine Zelte aufstellen, keine Menschen im Freien übernachten lassen und erbärmlichen Gewitterschutz mit Rädern aufstellen. Es muss schlicht und einfach – eines wohlhabenden Landes würdig – die Flüchtlinge human unterbringen, solidarisch aufgeteilt auf die Bundesländer. Platz gäbe es dafür genug.

Fairerweise muss gesagt werden, dass die Umsetzung einer gerechten Flüchtlingsverteilung in Österreich ein alles andere als leichtes Unterfangen ist – der höchste Vertreter des Bundeskanzleramts kann dies sicherlich bestätigen. Doch das darf nicht als Ausrede herhalten, sich den Tatsachen zu verschließen, erneut eine "Das Boot ist voll"-Stimmung zu schüren und diese Maßnahme dann als "kleine Sensation" zu feiern.

Die Situation für die mehr als 3000 Flüchtlinge in Traiskirchen ist zu dramatisch für solche Lobhudeleien. Und das Letzte, was die Menschen auf den Wiesen, in den Zelten, in den überfüllten Gebäuden und bei Gewitter in den Postbussen verdient haben, sind die Worte, die einer Innenministerin mit einem Sinn für Humanität und der Gabe zur Empathie so nicht über die Lippen kommen würden: "Für Österreich ist das unterm Strich billiger." (Kim Son Hoang, 9.7.2015)