"In den Umfeldern, wie sie sind, muss man halt wie Muhammad Ali tanzen und nicht wie Foreman hauen", sagt der neue CEO des Faserkonzerns Lenzing, Stefan Doboczky.

Foto: Regine Hendrich

Er könnte, wenn er wollte: in allen modernen Management- und Leadership-Termini von Ambidextrie bis Value-Orientation reden. Nach der London Business School und dem MBA am renommierten IMD in Lausanne sollte das im Programm sein. Tut er aber nicht.

Stattdessen beantwortet er Fragen nach wirklichen Qualitäten von Führung mit "Das hängt sehr stark damit zusammen, wie sehr du dich mit dir selber und mit anderen auseinandersetzt". Oder beschreibt die Qualität von Vertrauen mit "Leute als Leute nehmen: Wir sind ja alle Menschen mit Ängsten und Schwächen und keine Powerpoint-Folien. Die Leute an der Front, in der Schicht, müssen es spüren. Intensität ist notwendig."

Kein Fan der Work-Life-Balance

Überhaupt habe er noch nie erlebt, dass, "wenn man wo neu reinkommt und offen ist, bereit zu lernen, nicht ein Stück Vertrauen da ist".

Gute fünf Wochen steht der 47-jährige Kärntner Stefan Doboczky jetzt an der Spitze des komplett ausgetauschten Vorstands im Faserkonzern Lenzing. Zwölf-Stunden-Tage seien noch die Ausnahme – er meint damit, das seien die kürzesten. Obwohl: Mit der populären Work-Life-Balance hat er es ohnedies nicht so, denn "wenn mein Leben beginnt, wenn die Arbeit aus ist, dann bin ich arm", sagt der zweifache Vater. Und ergänzt, dass Work-Life-Balance dort ein großes Thema sei, wo mehr Energie in die Erwerbsarbeit gehe, als zurückkomme: "Dann muss die Energie natürlich woanders herkommen, ob beim CEO oder beim Arbeiter." Das ist bei ihm offenbar nicht so, eines seiner bevorzugten Adjektive ist "spannend": Er begann seine Karriere bei DSM in Linz, war dann fast ein Jahrzehnt für den niederländischen Chemieriesen in China, bevor er 2011 als Vorstandsmitglied für den Pharmabereich in Europa verantwortlich war.

Erfahrungen mit anderen Kulturen

Geplant? Im Plan war für den absolvierten Chemiker, dass er aus dem weißen Mantel schlüpfen will, am besten in die Garderobe eines Product-Managers. "Eine Forscherkarriere habe ich schnell als nicht geeignet erkannt – da bin ich zu wenig persistent, um an nur einem Thema zu bleiben."

Da sind es eher die größeren Schuhe, die ihn interessieren – und in denen geht er, indem er sein Gegenüber hochkonzentriert beobachtet und schnell einschätzt. "In anderen Kulturen zu lernen, wie du mit jemandem Verbindung herstellen kannst, das finde ich extrem spannend." Ebenso die Berichte vom Leben und Arbeiten in Extremwachstum: Das sei so stark spürbar, "nicht nur im Umweltproblem", wie er als Rundum-Kommunikator hinzufügt, "sondern in der Haltung, Risiken einzugehen, statt Entscheidungen zu verschleppen oder nicht zu treffen." Also lieber entscheiden und dann gegebenenfalls "nachjustieren". Partizipative Führung mit den "Matrixpunkten" bedeute ja nicht, als CEO nicht zu entscheiden – und auch für die Konsequenzen geradezustehen.

Der notwendige Humor

Risikosportarten? Nein, er ist Volleyballer. Kitesurfen findet er auch schön. Privates? Doch nicht für die Medien!

Ein Thema, um das sich sein Handeln im Job dreht, ist, "möglichst wenig Schaden als Konzern anzurichten" vulgo Nachhaltigkeit. Das brauche Humor. Den scheint er auch zu haben. Doboczky lacht gern. Und hat gern Stöpseln im Ohr, "das ist Pop oder Rockmusik" – nicht überprüft.

Dass er nach Jobabbau und Sparprogramm für die Lenzing nachhaltigen Turnaround erreicht, lässt er nicht anzweifeln. "Die Fundamentals stimmen, die Marken sind stark." Keine Standortfragen für Oberösterreich. Wo es am schönsten sei? "Na, in Kärnten." (kbau, 12.7.2015)


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