Athen/Wien – Bevor die Eurofinanzminister überhaupt mit Griechenland über ein neues Hilfspaket verhandeln können, bedarf es in mehreren Eurostaaten der Zustimmung der jeweiligen Parlamente. Ein Überblick über die Erteilung der Verhandlungsermächtigungen in den Eurostaaten:

Bild nicht mehr verfügbar.

Schelling, Mitterlehner, Faymann: Im Parlament geht es am Freitag um ein neues Hilfspaket für Griechenland.
Foto: APA/ROBERT JAEGER

ÖSTERREICH: Der Nationalrat stimmte am Freitag in einer Sondersitzung über ein weiteres Verhandlungsmandat für Finanzminister Schelling ab – also ob Schelling an weiteren Gesprächen zur Griechenlandrettung teilnehmen kann. Die beiden Regierungsparteien SPÖ und ÖVP haben ihm die benötigte Ermächtigung erteilt. Die Opposition stimmte wie angekündigt nicht mit. Mehrere Entschließungsanträge aus deren Reihen blieben wie erwartet in der Minderheit.

Bild nicht mehr verfügbar.

Wolfgang Schäuble im Bundestag am Freitag.
Foto: EPA/BERND VON JUTRCZENKA

DEUTSCHLAND: Auch der Deutsche Bundestag stimmt am Freitag über die Fortführung der Verhandlungen mit Griechenland ab. Der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble sieht in den geplanten Verhandlungen über ein drittes Hilfspaket für Griechenland eine letzte Chance für das Land, unter den Bedingungen der Mitgliedschaft in der Eurozone aus der Krise zu kommen. "Es ist ein letzter Versuch, um diese außergewöhnlich schwierige Aufgabe zu erfüllen", sagte der CDU-Politiker am Freitag vor dem Bundestag. Angela Merkel sprach von einer "letzten Chance" für das hochverschuldete Land. SPD-Chef Sigmar Gabriel mahnte mehr Investitionen ein.

Am Ende gab es eine klare Mehrheit. Von den 598 Abgeordneten, die ihre Stimme abgegeben hatten, hatten 439 mit Ja gestimmt, wie Bundestagspräsident Norbert Lammert nach der Sondersitzung in Berlin mitteilte. 119 hatten gegen den Antrag der Bundesregierung gestimmt, 40 hatten sich enthalten. Immerhin 60 Abgeordnete von CSU und CDU hatten mit Nein gestimmt, was als Warnsignal an Merkel interpretiert wurde.

Bild nicht mehr verfügbar.

Frankreichs Premier Manuel Valls am Mittwoch.
Foto: EPA/ETIENNE LAURENT

FRANKREICH: Das französische Parlament gab bereits am Mittwoch grünes Licht für neue Gespräche – sowohl die Nationalversammlung als auch der Senat stimmten mit überwiegender Mehrheit mit "Oui". 412 der 530 anwesenden Abgeordneten der Nationalversammlung sprachen sich für und 69 gegen das Fortführen der Verhandlungen aus, 49 enthielten sich ihrer Stimme. Eine Zustimmung des französischen Parlaments für das Fortsetzen der Verhandlungen mit Griechenland war nicht nötig, die Debatte wurde jedoch auf Wunsch der sozialistischen Regierung angesetzt.

FINNLAND: Grünes Licht für weitere Verhandlungen gab es am Sonntag auch aus Helsinki. Anders als in anderen Eurostaaten musste in Finnland lediglich der Große Ausschuss, in dem 25 der 200 Abgeordneten vertreten sind, neuen Gesprächen zustimmen. Außenminister Timo Soini klagte am Donnerstag über die Zustimmung des Ausschusses: "Das hier ist kein guter Tag, aber es hat lange keine guten Tage mehr gegeben", sagte der Rechtspopulist am Donnerstag in Helsinki. "Wir hatten die Wahl zwischen Cholera und Pocken." Vor allem die Rechtspopulisten in Finnland fordern einen härteren Umgang mit den Griechen.

GRIECHENLAND: Das griechische Parlament stimmte in der Nacht auf Samstag für das Fortführen der Verhandlungen mit den Geldgebern. In der Nacht auf Donnerstag wurden dann die von internationalen Gläubigern verlangten Spar- und Reformgesetze vom griechischen Parlament mit 229 zu 64 Stimmen abgesegnet. Aus der von Ministerpräsident Tsipras geführten Regierungspartei Syriza stimmten 110 der 148 anwesenden Abgeordneten für das Reformpaket. Zusammen mit der rechtspopulistischen Koalitionspartei Anel kam Tsipras in der Abstimmung nur auf 123 Stimmen und verlor somit praktische seine Regierungsmehrheit.

RESTLICHE EUROLÄNDER: In den Niederlanden debattierte das Parlament am Donnerstagnachmittag über den aktuellen Stand in Griechenland, jedoch ohne Votum. In der Slowakei ist ein Votum zwar möglich, jedoch nicht zwingend erforderlich. Die lettische Regierung hat in einer Sondersitzung des Kabinetts am Freitag den Auftrag zur Verhandlung eines neuen EU-Hilfspakets erteilt. In Irland befasste sich am Mittwoch ein Ausschuss mit dem Thema, eine Abstimmung gab es laut einem Sprecher des Parlaments in Dublin allerdings nicht. Der Europa-Ausschuss des estnischen Parlaments hat am Freitag grünes Licht für Verhandlungen über ein neues EU-Hilfspaket an Griechenland gegeben und Finanzminister Sven Sester ein entsprechendes Mandat erteilt.

In Belgien, Italien, Litauen, Luxemburg, Portugal, Spanien, Zypern, Malta und Slowenien muss das Parlament keine Ermächtigung für weitere Verhandlungen aussprechen.

Nach den heutigen Abstimmungen wird es am Freitagnachmittag noch eine Telefonkonferenz des Gouverneursrats des Eurorettungsfonds ESM, in dem die Eurofinanzminister vertreten sind, geben. Anschließend gebe es eine Telefonkonferenz der Eurogruppe, teilte Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem mit. (APA, red, 17.7.2015)