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Mitte August ersetzen die ersten frischen Äpfel die Lagerbestände aus dem Vorjahr. Europaweit sinkt der Konsum um zwei Prozent.

APA/dpa

Wien – Evelina wäre gern wie Pink Lady. Auch Jazz, Kanzi und Staccato eifern ihr nach. Allein sie stehen im Apfelregal im Schatten der makellosen Schönheit. Alle vier verbindet zwar Clubzwang, keiner reicht aber an die Popularität der exotischen Rosafarbenen heran.

Pink Lady ist eine Clubsorte, bei der Österreichs Obstbauern zusehends Rot sehen. Gekreuzt in Australien, hat sie sich für ihre Eigentümer und Produzenten als Lottosechser entpuppt. "Auf zwei Hektar erzielt man mit ihr gleich hohe Umsätze wie mit anderen Sorten auf gut 15,16 Hektar", sagt Rupert Gsöls nicht ohne Wehmut. Alle im Club verdienten gutes Geld. Gsöls, Obmann des Verbands steirischer Erwerbsbauern, ist nicht im Club. Wie auch kein anderer seiner österreichischen Branchenkollegen.

Nicht, dass sie es nicht immer wieder versucht hätten. Aber die französischen Vermarkter der Lady befanden das klimatische Umfeld Österreichs für die Dame, die auf lange Vegetationszeiten Wert legt, für nicht gut genug.

Clubsorten beliebt

Der Aufbau von Clubsorten bedingt hohe Investitionen und viel Know-how. Die Markenartikelindustrie ist Vorbild: Mit ihrem Wissen werden simple Äpfel, die sich in Blindverkostungen selten vom Durchschnitt abheben, mit Emotionen und Botschaften aufgeladen. Die Maschinerie dahinter macht sich bezahlt, sobald Konsumenten darauf einsteigen.

Sie lassen sich etwa das Kilo Pink Lady im Supermarkt bis zu drei Euro und mehr kosten. Die Hälfte davon gehört dem Handel. Gsöls schätzt, dass sich Clubsorten mit ihrer großteils internationalen Herkunft mittlerweile bereits fünf bis zehn Prozent des Marktes holten – Anteile, die österreichischem Obst in der heftig umkämpften Branche fehlen.

Die Lizenz für die zartrote, im Biss krachharte Lady besitzt in Europa Philippe Toulemonde, Chef von Star Fruits. Er lässt den Apfel vor allem in Frankreich, Spanien und Italien anbauen. Die Bauern zahlen für die Lizenzen, legen für die Bäumchen einer einzigen dafür autorisierten Baumschule viel Geld hin und überlassen die Vermarktung den Franzosen. Gut 40 Prozent ihrer Ernte sind wegen diverser Mängel zumeist nicht unter der Marke Pink Lady verkaufbar.

Starke Abhängigkeit

Für die Produzenten gibt es Fixpreise, zwei- bis dreimal höhere als für konventionelle Äpfel. Dennoch sind die Clubs mit ihrem in sich geschlossenen System umstritten. Es ist das starke Abhängigkeitsverhältnis, das viele Landwirte ablehnen, erzählt Andreas Spornberger, Obstbau-Experte der Boku Wien. In erster Linie verdiene vor allem der Lizenzgeber gut.

Anfang August trifft sich Österreichs Apfelbranche für erste Ernteeinschätzungen. Am 25. des Monats sollte der erste frische Gala-Apfel die Lagerbestände aus dem Vorjahr ersetzen. Bleiben Unwetter aus, sollten sich solide Erträge ausgehen. Die Stimmung auf dem Markt ist dennoch im Keller.

Preise in Europa im Keller

Europaweit sinkt der Konsum an Äpfeln um zwei Prozent. Dazu kommen die Nachwehen der russischen Importsanktionen, die das Geschäft aus den Fugen brachten. Jeder zweite österreichische Apfel geht in den Export. Doch den Bedarf decken schon die Polen: Auch Europas größter Produzent steht in Russland vor verschlossenen Toren und verteilt seine Ware nun über andere Märkte. In der Folge fielen die Preise ins Bodenlose.

70 Prozent der Äpfel wurden unter den marktüblichen Preisen verscherbelt, sagt Gsöls. Betriebswirtschaftlich zahle die Branche drauf: Koste ein Kilo im Handel 99 Cent, blieben den Bauern davon keine 15 Cent, rechnet er vor. "Das ist weit unter den Produktionskosten." Um sie abzudecken, brauche es zwischen 35 bis 50 Cent. "Viel Wertschöpfung ging verloren, die Landwirte sind angeschlagen."

International ein Zwerg

Spornberger sieht den Druck auf den Markt nicht geringer werden. Der niedrige Preis erfordere höhere Erträge auf bestehenden Flächen. Was wiederum stärkere Mechanisierung und größere Betriebseinheiten voraussetzt. Bei Dünger und Spritzmitteln gehe man an die Grenzen des Möglichen und Erlaubten – keiner könne sich Ernteausfälle leisten. "Viele Betriebe haben Existenzängste."

Die Steiermark sorgt für 70 Prozent des Apfelanbaus. International ist man mit ihren Mengen dennoch ein Zwerg: Österreich sorgt für lediglich ein bis zwei Prozent des europäischen Bedarfs.

Bio im Premiumsegment

Mehr Biss zeigt die Biobranche. In Österreich ist jeder zehnte Apfel biologisch. Zum dritten Mal in Folge sei es gelungen, die Nachfrage überwiegend mit österreichischer Ware zu decken, sagt Fritz Prem, Präsident des Europäischen Bioobst Forums. Hinter den Italienern und Deutschen arbeiteten sich die Österreicher zu Europas größten Bioapfelproduzenten auf.

Wie Pink Lady kämpfen auch biologische Äpfel im Premiumsegment um Kunden. Bei der Ökobilanz gerät die Clubsorte aber ins Hintertreffen. Je länger die Reifezeit, desto länger währt laut Experten der Einsatz von Pestiziden. (Verena Kainrath, 19.7.2015)