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Hans Bürger, längstdienender Innenpolitikchef des ORF-Fernsehens und Interviewer der "Sommergespräche" 2015, im "ZiB"-Studio.

Foto: APA/GEORG HOCHMUTH

Wien – Am Montag beginnt Hans Bürger seine ORF-"Sommergespräche" mit den Parteichefs im Ringturm der Wiener Städtischen mit Neos-Chef Matthias Strolz. "Keine Aufdeckerinterviews" werden das, sagte er vor ein paar Wochen im STANDARD-Interview und erklärte auch seine "Doktrin" zum Umgang mit Politikern vor und hinter der Kamera: "Sobald das Rotlicht an ist, bin ich äquidistant zu allen."

Distanz auf dem Schirm

"Gesprächsfähigkeit hinter der Kamera und Distanz am Schirm", beschreibt er seine Maxime: "Auch jene, die mir Anpassungsfähigkeit nachsagen, haben mir noch nie nachgesagt, ich hätte die Distanz auf dem Schirm nicht gewahrt. Ich spreche mit vielen Leuten und suche das Gespräch; aber sobald das Rotlicht an ist, bin ich äquidistant zu allen."

Das STANDARD-Interview über Bürgers Erlebnisse mit brutalen Interventionen und seine Aussagen über Karrierepläne finden Sie hier.

Armin Wolf und Wut-Oma

Zum Start der "Sommergespräche" fragte die APA den längstdienenden TV-Innenpolitikchef des ORF – wir bringen seine O-Töne zu Armin Wolf, Wut-Oma, Kanzler-"Pressestunde", ORF-Wahl und warum er Jörg Haider einmal on air einen Trottel nannte.

Hans Bürger über ...

... die Wut-Oma als einzige Erinnerung aus den Sommergesprächen 2014: "Ich glaube, dass von den 'Sommergesprächen' 2014 schon mehr übrig geblieben ist als die 'Wut-Oma'. Die 'Wut-Oma' ist ja nur ein Symbol für eine große Unzufriedenheit in der Bevölkerung, und da wurde eine herausgegriffen, die dann von einer Zeitung prominent gemacht wurde. Ich glaube, von 2014 ist einfach das Format in Erinnerung geblieben: Man befragt kreuz und quer durchs Land die Leute, wie es ihnen geht und wie sie mit der Politik zufrieden oder unzufrieden sind. Und das hat Peter Resetarits sehr gut gemacht."

... die ewigen Vergleiche mit Armin Wolf: "Es gibt immer diesen Vergleich von Armin Wolf mit allen anderen. Für mich ist das nicht so wichtig. Wenn man sich die vergangenen 34 Jahre anschaut, waren da Größen wie Johannes Fischer, Peter Rabl, Robert Hochner oder Rudolf Nagiller und Helmut Brandstätter dabei. Aber für mich sind solche Vergleiche irrelevant, ich hatte in meinem Leben auch nie ein journalistisches Idol. Und ich wurde im ORF in Vorbereitung auf die 'Sommergespräche' dazu ermutigt, mich an niemandem zu orientieren – egal was die Leute sagen. Das sind die 'Sommergespräche' des Hans Bürger."

... seinen freundlichen Umgang mit Kanzler Werner Faymann in der "Pressestunde" und wann er Haider einen Trottel nannte: "Da muss ich etwas ausholen, weil mich das ärgert. Ich werde immer wieder auf diese 'Pressestunde' angesprochen, und wenn ich dann frage, wer hat sich beschwert, dann höre ich, drei oder vier Leute auf Twitter. Gut, wenn sich drei, vier Leute auf Twitter beschweren, halte ich das aus. Die Leute verwechseln immer wieder den Ton mit dem Inhalt. Mein Lieblingsbeispiel: Es gab eine 'Pressestunde', in der ich Jörg Haider gefragt habe: "Sind Sie nicht eigentlich ein Trottel?" Er hat mich vollkommen entsetzt angeschaut, wollte damals sogar aufstehen und gehen. Ich habe ihm vorgelesen: "Ich wäre doch ein Trottel, wenn ich die Arbeit der Susi Riess-Passer aus dem Süden stören würde", und ihm erklärt: "Das haben Sie gesagt, und was Sie seit einigen Monaten machen, ist genau das." Haider hat sich wieder beruhigt und irgendwie sogar zugegeben, nicht dass er ein Trottel ist, aber dass man das so verkürzen könnte. Ich habe Politiker Dinge gefragt, die andere gar nicht fragen würden, aber halt in einem wirklich freundlichen Ton. Ich bin nie der gewesen, der einem Politiker am Beginn eines Interviews aggressiv voll ins Gesicht fährt. Damit ist jedes Gespräch kaputt, davon halte ich nichts."

... seine kolportierten Karriereaussichten als ORF-Infodirektor oder als ORF-Landesdirektor in Oberösterreich: "Mittlerweile amüsiert mich das. Es gibt offenbar einen großen Wunsch im österreichischen Journalismus, dem Hans Bürger einen Veränderungswunsch nachzusagen. Aber es ist seit 1998 falsch. Damals wurde zum ersten Mal geschrieben, ich werde Chefredakteur – zuerst im Landesstudio Oberösterreich, dann in Wien, dann hat es geheißen, ich werde Landesdirektor, übrigens schon dreimal, seit einiger Zeit ist wieder von Chefredakteur und Informationsdirektor die Rede. Ich mache im Wesentlichen seit 17 Jahren das Gleiche, und ich muss das jetzt an den Medienjournalismus in diesem Land zurückgeben: Seit 17 Jahren stimmen diese Berichte nicht. Ich bin aber nicht das einzige Opfer im ORF. Es gibt sogar Paradeopfer in diesem Haus, die immer wieder für bestimmte Jobs genannt werden, was ja nichts Unanständiges ist. Ich glaube, es gibt wenige Führungskräfte in diesem Haus, die mit dem, was sie machen, so vollauf zufrieden sind. Ich habe einen Traumjob, und zwar deshalb, weil der das Spielertrainer-Dasein ermöglicht. Wenn etwas Großes passiert, kann ich selbst Livereporter sein, für eine Analyse im Studio sitzen, vom EU-Gipfel in Brüssel oder einem Ministerrat berichten. Das sind alles Möglichkeiten, die in der nächsthöheren Funktion de facto weg sind. Darum fasziniert mich der Job des Innenpolitik- und EU-Ressortleiters so. Am liebsten bleibe ich das, was ich bin, und das ist wirklich so." (APA, 24.7.2015)