In einen Krieg mit Syrien wollten die Türken nie gezogen werden. Nur nicht bei den Nachbarn einmischen, war lange ein Prinzip der türkischen Außenpolitik und ist immer noch eine weit verbreitete Haltung der türkischen Gesellschaft: Draußen lauert nur der Feind, der die Einheit der Türkei zerstören will. Mit der selbst gewählten Neutralität ist es nun vorbei. Die Türkei führt Krieg in Syrien – zwar noch nicht gegen das Regime von Bashar al-Assad, aber gegen die mächtigste Bürgerkriegspartei, die Terrormiliz "Islamischer Staat".

Denn Nichteinmischung und Neutralität waren eine Illusion, erst recht in den vergangenen vier Jahren, als die konservativ-sunnitische Regierung des Premiers und jetzigen Präsidenten Tayyip Erdogan von einer gestaltenden Rolle im Arabischen Frühling träumte und die Türken halb bewundernd, halb skeptisch den neoosmanischen Kulissenschiebern in Ankara zusahen.

Von allen Fehltritten der türkischen Außenpolitik seit 2011 erweist sich die Fixierung auf den Sturz des Assad-Regimes als die verhängnisvollste Entscheidung. Erdogans Türkei hat zum Erstarken des IS beigetragen: durch den Transit islamistischer Rekruten nach Syrien, durch Wegsehen, durch logistische Unterstützung und möglicherweise auch durch Waffenhilfe. Die jüngsten Anschläge in der Türkei, die dem IS zugeschrieben werden, und der Angriff auf die Soldaten zwingen Ankara zum Handeln. (Markus Bernath, 24.7.2015)