Der Strommarkt muss radikal neu gedacht werden, sonst fliegt uns das Ganze um die Ohren. "Uns" steht im konkreten Fall für Konsumenten, wiewohl auch Stromproduzenten, Aufsicht und viele andere Sektoren betroffen sind. Der Cocktail, an dem wir uns seit geraumer Zeit kranktrinken, hat mehrere toxische Ingredienzien.

Mit Ökostrom sollte die Welt ein bisschen besser werden, das war die Ursprungsidee. Der schrittweise Rückzug von fossilen Energien wie Öl, Gas und Kohle könnte nicht nur dem Klima helfen, sondern auch noch die Abhängigkeit des rohstoffarmen Kontinents von Lieferanten außerhalb Europas verringern. Das ist zu einem Teil gelungen und zum anderen auch wieder nicht. Weil Kohle wieder so billig ist und die Ölpreise ebenfalls stark nachgegeben haben, werden so viele CO2-haltige Ressourcen verfeuert wie schon lange nicht. Dass gleichzeitig mehr Strom aus erneuerbaren Quellen produziert wird als jemals zuvor, ist ebenso ein Faktum, das aber teuer erkauft wurde – durch heftigstes Subventionieren.

Konsumenten merken ökonomisch denn auch vergleichsweise wenig von den Vorteilen der freien Produzentenwahl: Was man sich an Stromkosten bei einem Anbieterwechsel spart, nimmt der Staat über Steuern und Zuschläge wieder weg. Das würde man ja noch hinnehmen, wenn mit dem Geld Vernünftiges passierte – etwa die Forcierung der Entwicklung von Speichern. Mit dieser Schlüsseltechnologie könnte Europa wieder Flagge zeigen. Könnte. (Günther Strobl, 26.7.2015)