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Konjunkturanreize statt Änderungen bei den Zumutbarkeitsbestimmungen fordert AMS-Chef Johannes Kopf.

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Wien – Mit der von Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) angesprochenen Änderung der Zumutbarkeitsregelungen könne die hohe Arbeitslosigkeit "sicher nicht" bekämpfen. Das Problem sei das niedrige Wachstum, dagegen könne man mit Arbeitsmarktpolitik nichts ausrichten, sondern nur mit Konjunkturpolitik und Senkung der Lohnnebenkosten, sagte AMS-Chef Johannes Kopf Mittwoch in der "ZiB 2".

Auf die Frage, ob die Zumutbarkeitsbestimmungen zu großzügig seien, ließ sich Kopf nicht ein: Das sei eine "hoch politische Thematik" und gehöre deshalb vom Nationalrat gelöst. Zwei Änderungswunsch hatte er aber doch: Die geltenden Regelungen seien sehr komplex, er hätte sie gerne "grundlegend vereinfacht", damit sie leichter administriert werden können.

Außerdem bekräftigte Kopf seinen Vorschlag, die Mindestverfügbarkeit bei Personen mit Betreuungspflichten von 16 auf 20 Stunden anzuheben, gepaart mit einem Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung – damit diese Personen in die wesentlich häufiger angebotenen Halbtagsjobs vermittelt werden können.

"Inaktivitätsfallen"

Generell stellte Kopf fest, dass man Menschen nicht zwingen könne, einen Job anzunehmen, wenn ihnen der Ort oder das Gehalt nicht gefallen. Überlegt werden sollten aber Lösungen für zwei "Inaktivitätsfallen" – also zwei Bereiche, wo das Arbeitslosengeld nah am erreichbaren Arbeitseinkommen liegt: Das sei bei der Mindestsicherung für Familien mit mehreren Kindern der Fall – wenn etwa bei drei Kindern 1.800 Euro ausbezahlt werden.

Wegnehmen will Kopf diesen Menschen allerdings nichts, er wäre dafür, ihnen bei Arbeitsaufnahme einen Teil der Mindestsicherung als "Bonus" zu lassen. Außerdem gebe es eine relativ geringe Differenz im Fall von Arbeitslosengeld (etwa von 800 Euro) und geringfügiger Beschäftigung (von 400 Euro).

Gewerkschaft empört über Leitl-Aussagen

Gewerkschaft und Arbeiterkammer zeigten sich indes empört über Aussagen von Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl über die Zumutbarkeitsregeln für das Arbeitslosengeld. "Wenn der Wirtschaftskammerpräsident meint, dass etwas nicht stimmt, weil Wirtshäuser keine MitarbeiterInnen finden, die am Wochenende arbeiten wollen, hat er schon recht: Es stimmen nämlich die Arbeitsbedingungen nicht", so vida-Vorsitzender Gottfried Winkler.

Leitl hatte zuvor seinem Parteifreund Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) den Rücken gestärkt. Er finde es gut, die Frage der Zumutbarkeit zu thematisieren: "Wäre ich arbeitslos, würde ich gerne was annehmen – allein wegen dem Sinnerlebnis in meinem Leben."

Wirtschaftsbund-Generalsekretär Petern Haubner forderte mehr Mut zu Reformen und eine Verschärfung der Zumutbarkeitsbestimmungen. In Österreich gebe es zu wenig Anreize für Beschäftigung.

"Sommerlochdebatten"

Vida-Chef Winkler hingegen meinte am Donnerstag in einer Aussendung, statt über verschärfte Zumutbarkeitsbedingungen für Arbeitslose zu diskutieren, sollte sich die Wirtschaft lieber um die Verbesserung der Bedingungen kümmern. Solange die Einkommen im Hotel- und Gastgewerbe unterdurchschnittlich niedrig – der Bruttostundenlohn liege bei rund 8 Euro – und die Belastungen überdurchschnittlich hoch seien, dürfe sich niemand über Arbeitskräftemangel im Tourismus wundern.

AK-Präsident Rudolf Kaske findet die "Sommerlochdebatten nicht zumutbar". Er verwies auf den Arbeitsmarktgipfel im Herbst, bei dem die Frage der Finanzierung ein wichtiges Thema sein werde, "auf das der Finanzminister (Hans Jörg Schelling, ÖVP) hoffentlich gut vorbereitet ist." Die Probleme auf dem Arbeitsmarkt seien unübersehbar. (APA, 30.7.2015)