Nächstes Verfahren gegen ORF, nun wegen Hearings: ORF-Zentralbetriebsratschef Gerhard Moser.

Foto: Robert Newald

Wien – Donnerstag um 14 Uhr begann das interne Hearing im ORF, wer das "Weltjournal" künftig leiten soll. Zur selben Zeit beriet der Zentralbetriebsrat des ORF mit seinen Juristen, welche rechtlichen Schritte er wegen dieses Hearings gegen die ORF-Führung unternimmt. Für Zentralbetriebsratschef Gerhard Moser stand da jedenfalls fest, dass die Personalvertreter "den Bruch der entsprechenden Betriebsvereinbarung rechtlich verfolgen". ORF-Chef Alexander Wrabetz lädt nun zum klärenden Gespräch.

Assessoren abgelehnt

Worum geht es? Der ORF hat in einer Betriebsvereinbarung mit den Belegschaftsvertretern Hearings vereinbart, bevor Führungsjobs besetzt werden. Üblicherweise vier Assessoren führen dieses Hearing auf Einladung des zuständigen Direktors durch, der darf dabeisein wie etwa die Gleichstellungsbeauftragte des ORF. Ein "Schulungsbeirat" – aus je fünf Vertretern des ORF und des Betriebsrats – nickt die Assessoren ab – oder eben nicht.

Die Vertreter des Betriebsrats haben nun vor dem Hearing zum "Weltjournal" die Zustimmung zu den Assessoren verweigert. Das richtete sich nicht unbedingt gegen die Personen, vielmehr grundsätzlich gegen die ORF-Praxis mit Hearings.

Zuletzt wurden wie berichtet kurzfristig vor einem Hearing Assessoren ein- und wieder ausgeladen – als es um die Leitung der Radio-Wirtschaft ging. Davor agierte Radiodirektor Karl Amon im und nach dem Hearing der Kandidaten für die Ö1-Führung etwas aktiver, als es das Reglement vorsieht. Der Job ist noch immer nicht definitiv besetzt – und entgegen Ankündigungen des ORF auch noch nicht neu ausgeschrieben.

"Notbremse gezogen"

Zentralbetriebsratschef Gerhard Moser kritisierte die Eigenheiten dieser Hearings und des Verfahrens – eine Reaktion des Unternehmens darauf konnte er nicht erkennen. Deshalb habe der Betriebsrat nun "die Notbremse gezogen, um die Interessen aller Kolleginnen und Kollegen, die in den fragwürdigen Genuss solcher Hearings kommen, zu schützen und um auch schon den geringsten Verdacht parteipolitischer Einflußnahmen abzuwehren".

"Beschädigungen und Punzierungen"

Der Zentralbetriebsrat, erklärt Moser, "sieht nicht zu, wie angeblich transparente und der Verschwiegenheitspflicht unterliegende interne Personalauswahlverfahren nach nicht nachvollziehbaren Kriterien durchgezogen werden und schließlich auch noch zum Gegenstand öffentlichen Ärgernisses werden und mit Beschädigungen und parteipolitischen Punzierungen von Kollegen und Kolleginnen enden."

Gleichstellungsbeauftragte dagegen

Moser verweist darauf, dass auch die Gleichstellungsbeauftragte des ORF, Katia Rössner, das Prozedere der Hearings in einer schriftlichen Stellungnahme an ORF-Chef Alexander Wrabetz ablehne. Sie nehme auch nicht an dem Hearing am Donnerstag teil.

Moser geht davon aus, dass bis zu einer "rechtlichen Klärung" keine weiteren Hearings "unter den bekannten Bedingungen stattfinden".

ORF-General lädt zur Klärung

Auf STANDARD-Anfrage hieß es Donnerstag auf dem Küniglberg: ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz habe den Betriebsrat und die Gleichstellungsbeauftragten zu Gesprächen über eine neue Regelung der Hearings eingeladen.

Wrabetz wolle "die Verbesserungswünsche von deren Seite, aber auch von Geschäftsführungsseite" erörtern "und hoffentlich eine Einigung über eine zukünftige Abwicklung dieser Verfahren erzielen".

Betriebsratschef Moser hat bisher keine Einladung wahrgenommen: Per Mail habe ihn der Generaldirektor um Verbesserungsvorschläge gebeten. Der Betriebsrat aber erwarte nun solche Vorschläge der Geschäftaführung – die Personalvertreter hätten bereits genug Vorschläge gemacht, erklärt Moser.

Die erste Klage

Der Zentralbetriebsrat des ORF hat vor wenigen Wochen eine Feststellungsklage beim Obersten Gerichtshof gegen die ORF-Position zur Anrechnung von Dienstzeiten eingebracht. (fid, 30.7.2015)