Klettersteige erfreuen sich ungebrochener Beliebtheit. Entlang fix installierter Drahtseile, Trittbügel oder Leitern können sich auch "Nicht-Kletterer" ins Felsgelände vorwagen. Allerdings scheint in den vergangenen Jahren ein regelrechtes Schwierigkeits-Wettrüsten ausgerufen worden zu sein: Immer anspruchsvollere Eisenwege werden in den Fels geschlagen, die gängige Schwierigkeitsskala wurde mittlerweile gesprengt.

Froschperspektive: Trittbügel helfen bei einer Querung am Jubiläumsweg
Foto: Uwe Grinzinger

Einsteiger und Genießer haben mit Maximalkrafteinlagen am Fels jedoch wenig Freude. Sie tun gut daran, sich stattdessen an altehrwürdige Steige zu halten. Denn früher ging es nicht um Höchstleistungen, sondern nur darum, sich mittels geschickter Linienführung möglichst elegant durchs Gelände zu schummeln. Und genau das ist auf dem 1925 errichteten Jubiläumssteig möglich. Zudem führt er durch einen landschaftlich sehr eindrucksvollen Abschnitt am Wilden Kaiser.

Felsakrobaten, die sich auspowern wollen, werden am Jubiläumssteig unterfordert sein. Zu kurz ist der Weg – rund eine Stunde für den Klettersteig selbst –, zu gering sind die Schwierigkeiten. Auf ihm lässt sich aber perfekt in die Welt der Klettersteige hineinschnuppern und die Handhabung der Ausrüstung üben.

Im brüchigen Dolomit

Wir starten auf der Wochenbrunner Alm (1.085 m) oberhalb von Ellmau. Von hier geht es am markierten Wanderweg zur Gruttenhütte (1.620 m) und bald zum Einstieg des Jubiläumssteiges. Dort legen wir Klettergurt, Klettersteigset und Helm an – kein Luxus, auch wenn viele darauf verzichten. Schließlich bewegen wir uns im absturzgefährlichen, brüchigen Dolomitgestein.

Immobilie in Bestlage: die Gruttenhütte
Foto: Uwe Grinzinger

Die Route ist ein Höhenweg-Klettersteig-Zwitter: Sie lässt die Gipfel aus und quert unterhalb, quasi im Kaiser-Hochparterre, von der Gruttenhütte in Richtung Ellmauer Tor. Dennoch ist die Szenerie hochalpin und von Beginn an abwechslungsreich: Zuerst geht es in eine wilde Schlucht hinunter, dann in eine Scharte empor. Danach folgt eine Reihe von Quergängen in wild zerklüftetem Terrain, später sogar ein enger, origineller Felsdurchschlupf.

Jähes Ende im Kübelkar

Fast zu schnell läuft der Klettersteig schließlich im Kübelkar aus. Von hier steigen wir auf einem Wanderweg zur Gaudeamushütte (1.263 m) und zum Ausgangspunkt ab. Die vorgestellte Rundtour kann auch problemlos in der Gegenrichtung begangen werden.

Wer auf dem Jubiläumssteig auf den Geschmack gekommen ist, findet in unmittelbarer Nähe noch zwei neuere und viel anspruchsvollere Exemplare: den Klamml-Klettersteig (bis Schwierigkeit D) und den Übungsklettersteig Ellmau (B/C). Auf letzterem heißt es aber intensiv trainieren, bevor man sich an ersteren heranwagt! (Uwe Grinzinger, 7.8.2015)