Um 1630 schuf Jan Brueghel d. J. dieses üppige Bouquet von 55 auf Holz verewigten Blumensorten. Entgegen der angesetzten Taxe von 500.000 bis eine Million Euro, bewilligte ein ausländischer Privatsammler stolze 2,6 Millionen Euro.


Lucio Fontanas Skulptur erzielte 588.533 Euro.


Foto: Dorotheum
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Der Kunstmarkt sei völlig überhitzt, die dort erzielten Preise seien teils absurd. So naheliegend diese Annahme bisweilen wirkt, einen Faktencheck übersteht sie nicht. Es sind die im Rampenlicht der Öffentlichkeit stehenden Sensationswerte wie jene knapp 180 Millionen Dollar für ein Picasso-Gemälde (Les femmes d'Alger, Christie's) vom Mai, die den Blick auf die Realität des Marktes verstellen.

Denn das Kerngeschäft findet weltweit in deutlich niedrigeren Preisregionen statt. Entsprechendes Zahlenfutter liefert hier allerdings nur die globale Auktionsbranche, da weder Kunsthändler noch Galerien Einblick in ihre Bilanzen gewähren. Faktisch wechseln mehr als 90 Prozent der jährlich versteigerten Werke bildender Kunst unter 50.000 Euro den Besitzer, die Hälfte davon wiederum zu Preisen unter 3000 Euro.

Jene Millionenwerte, die den Verdacht schüren, dass Kunst endgültig zu einem Instrument des Kapitalismus verkomme oder zum reinen Spekulationsobjekt degradiert werde, sind, wirtschaftlich gesehen, sogar ein Minderheitenprogramm: Tatsächlich liegt der Anteil von Werken, die für eine Million Euro aufwärts verkauft werden, deutlich unter einem Prozent.

Basierend auf den in der Artnet-Datenbank zuletzt erfassten Auktionsergebnissen, sind regionale Unterschiede feststellbar: Der Anteil von unter 50.000 Euro versteigerten Auktionslots lag sowohl in England als auch in den USA bei rund 92 Prozent, in Deutschland bei 97,3 und in Österreich wiederum bei 95,7 Prozent. Demnach wurden in Deutschland nur 2,7 und in Österreich 4,3 Prozent der Zuschläge über der 50.000-Euro-Marke erteilt.

Ein weiterer interessanter Indikator sind die spartenspezifisch nuancierten Durchschnittspreise (gerundet): Bei zeitgenössischer Kunst liegt der österreichische Preis laut Artnet zwischen 3200 und maximal 14.450 Euro (DE: 1900-9300), in der klassischen Moderne bei 2400 und 9300 Euro (DE: 2180-10.200); deutlich höher fallen die Werte mit 6250 bis 21.000 Euro (DE: 2200-13.000) bei Alten Meistern aus.

Alte Meister zurück

Dabei sind Zuschläge jenseits der 100.000-Euro-Marke in diesen Kategorien hierzulande selbstverständlich an der Tagesordnung, wie auch die seit Jänner verzeichneten Ergebnisse belegen, die sich insgesamt auf etwa 70 Millionen Euro summieren dürften.

Im Dorotheum, das bekanntlich keine Bilanzen mehr verlautbart, schlugen allein die in den beiden Auktionswochen (April, Juni) verzeichneten Zuschläge mit beachtlichen 37,34 Millionen Euro (inklusive Aufgeld, exklusive Nachverkauf) zu Buche, ein Höchstwert in der Geschichte des Unternehmens, der mit einem Plus von zehn Millionen Euro deutlich höher als im Vergleichszeitraum 2014 ausfiel.

Im Kinsky beziffert den nach sechs Monaten eingespielten Umsatz auf Anfrage und inklusive Nachverkauf mit etwas mehr als 14 Millionen Euro (inklusive Aufgeld, exklusive Folgerecht), womit die Werte der Vorjahre (2013: 12,6 Mio. Euro; 2014: 12,4 Mio. Euro) übertroffen wurden.

Und dank des üppigen Blumenbouquets von Jan Brueghel d. J., für das ein Privatsammler im Juni 2,6 Millionen Euro bewilligte, führt Kinsky das sonst vom Dorotheum dominierte Ranking der zehn höchsten seit Jänner in Wien verzeichneten Zuschläge an (siehe Tabelle). In diesem zuletzt von Zeitgenossen in Beschlag genommen Spitzenfeld sicherten sich erstmals seit zwei Jahren Kollegen des 17. und 18. Jahrhunderts immerhin vier Platzierungen. (Olga Kronsteiner, 7.8.2015)