Alles ist relativ. Während in Traiskirchen Mütter ihre Babys im Freien entbunden haben sollen, Kranke unversorgt bleiben und Ärzte ohne Grenzen dabei im Gegensatz zu anderen Katastrophengebieten nur jenseits des Zaunes zugucken können, titelt Österreich den wahren Skandal der Republik.

Eine immense Gefahr, die geistesgegenwärtig von einem Helden des Alltags gebannt worden ist: Ein Paar wollte in der Therme Sex haben und wurde vom Badewaschl geistesgegenwärtig daran gehindert. Gott behüte!

Heute kann sich nach solchen atemberaubenden Schlagzeilen natürlich auch nicht lumpen lassen und toppt mit jenem Linzer Kellner, der vor seinen Gästen eine Maus totschlug.

Un-fass-bar!

Zur gleichen Zeit hungern in Österreich Menschen, Kleinkinder leben im Dreck und nun auch im Regen. Ist ja irgendwie schon State of the Art. Während Amnesty International verschiedenste unfassbare Zustände festhält, die jedes halbwegs ungefailte Land zum Erröten bringen würden, zeigt sich das Innenministerium mit der Tätigkeit des zuständigen aktiennotierten und gewinnorientierten Anbieters ORS zufrieden. Obwohl ORS nicht einmal jene, die eines besonderen Schutzes bedürfen, zum Beispiel schwangere Frauen und unbegleitete Minderjährige, den Richtlinien entsprechend behandelt.

Zufriedenheit ist natürlich ein dehnbarer Begriff – wer weiß schon, womit beispielsweise Darth Vader zufrieden gewesen wäre. Österreichs Innenministerin Mikl-Leitner ist jedenfalls zufrieden. Vermutlich wäre sie es auch, wenn Ivan der Schreckliche unter Assistenz von Beelzebub das Lager verwalten würde.

Die Betreuung verläuft – selbstverständlich mit entsprechender Bezahlung – zu so großer Zufriedenheit, dass das Volk um Hilfe gebeten werden musste. Das kann man durchaus noch ausbauen, mehr privat und weniger Staat ist eine prima Einleitung.

Man darf sich schon auf die Hobbysteuereintreiber und die Gelegenheitszahnärzte freuen: Persönliches Gratisengagement ist schließlich alles, was zählt.

Alles ist, wie gesagt, relativ, manches aber ist relativ unpackbar. ( Julya Rabinowich, 21.8.2015)