Welche Rolle das Unternehmen ORS für die Zustände in Traiskirchen spielt, wird verschleiert. Das nährt die Diskussion darüber, wie viel Privatisierung ein Staat, der sich zu Menschenrechten bekennt, eigentlich verträgt.

Wenn ein Staat Aufgaben an Profis, etwa aus NGOs, auslagert, die natürlich dafür bezahlt werden müssen, kann das sehr sinnvoll sein. Doch die Kombination eines profitorientierten Unternehmens mit den vielseitigen Bedürfnissen von Flüchtlingen erzeugt nicht nur auf den ersten Blick ein mulmiges Gefühl.

Der zweite, der genauere Blick auf die Bundesbetreuungsstelle Ost, wie das Flüchtlingslager Traiskirchen heißt, wird einem nämlich nicht leicht gemacht. Ob die Kritik, die nun von vielen Seiten gegen die ORS Service GmbH laut wird, gerechtfertigt ist, ist schwer zu überprüfen. Amnesty International meint, das Unternehmen sei nur Erfüllungsgehilfe des Innenministeriums. Fakt ist jedenfalls, weder ORS noch Ministerium lassen sich gerne in die Karten schauen.

Dafür sorgt auch eine Geheimhaltungsklausel im Vertrag zwischen den beiden. Datenschutzrechtliche Gründe und die Privatsphäre der Flüchtlinge werden vorgeschoben, um zum Beispiel nicht darauf zu antworten, wie hoch die Sockelfinanzierung ist, die ORS für Traiskirchen erhält.

Wie das Ministerium und die Unternehmensspitze in den vergangenen Tagen ungehalten und fast beleidigt auf Anfragen von Journalisten reagierten, ist nicht gerade vertrauensfördernd. Angesichts von tausenden Menschen, die im Freien auf dem Boden übernachten müssen, muss man damit rechnen, dass in einer Demokratie jemand nachfragt, wie viel Steuergeld diese Art der Flüchtlingsbetreuung genau kostet – und wer davon profitiert. Ein Kind, das möglicherweise teure psychologische Betreuung braucht, weil es durch die Hölle gegangen ist? Oder jemand, der sich über Umsatzzuwächse der Firma freut? Das sind unangenehme Fragen. Sie nicht zu beantworten ist keine Option.

Es war übrigens der "legendäre" ehemalige Innenminister Ernst Strasser, der die Privatisierung in Traiskirchen veranlasste. Der Mann hat sich in seinem Leben bekanntlich mittlerweile anderweitig orientiert. Vielleicht wäre es an der Zeit, das bei seinen Hinterlassenschaften in Traiskirchen und in anderen Flüchtlingsbetreuungsstellen in Österreich ebenso zu tun. (Colette M. Schmidt, 23.8.2015)