Kugelförmige Sporen des Schimmelpilzes Emericella nidulans – einer von mehreren Hundert Pilzarten, die in Haushalten heimisch sind.

Foto: BASF

Boulder/Wien – "Zeig mir den Hausstaub deiner Wohnung, und ich sage dir, mit wem du lebst." Auf diese saloppe Formel könnte man eine der Haupterkenntnisse jener Untersuchung zusammenfassen, die erstmals mit molekularbiologischen Werkzeugen tief im Mikrobenzoo von 1200 US-Haushalten wühlte, um einige nicht ganz appetitliche Erkenntnisse über die Pilze und Bakterien in den jeweiligen vier Wänden zutage zu fördern.

Dass wir von Mikroorganismen nicht nur umgebenen sind, sondern Abermilliarden davon auch an und in uns tragen, ist längst weithin bekannt. Wie aber sieht es damit in unseren Wohnungen und draußen vor der Türe aus? Und was sind die Faktoren, die darüber entscheiden, wie der Bakterien- und Pilzzoo in unseren vier Wänden zusammengesetzt ist?

Staubproben von der Oberseite des Türstocks

Ein internationales Forscherteam unter der Leitung von Albert Barberan (Uni Colorado in Boulder) ging diesen Fragen streng empirisch nach und baute dabei auf die Mithilfe von Hunderten Freiwilligen: Sie sollten im Rahmen des Projekts "Wild Life of Our Homes" Staub auf der Oberkante von Türrahmen drinnen und draußen einsammeln und an die Forscher schicken.

Diese holten außerdem noch Informationen über den Ort, das Alter und die Größe des Eigenheims einholten, über den Bodenbelag, die Haustiere oder die Zahl und das Geschlecht der Bewohner. Dabei kamen insgesamt 1200 Proben aus allen Teilen der USA zusammen, die so gut wie alle Klimazonen und Wohnverhältnisse abdeckten.

Eines der überraschenden Ergebnisse der in den "Proceedings B" der Royal Society veröffentlichten Analysen war, dass die Vielfalt der Mikroorganismen in den Räumen um 50 Prozent höher als draußen im Freien. Die Zusammensetzung der Pilzzoos in den Eigenheimen hing dabei maßgeblich von jenen ab, die außerhalb davon lebten. Daher gibt es in Haushalten mit ähnlichen klimatischen Bedingungen auch recht ähnliche Pilzgemeinschaften.

Bewohner sorgen für Bakterien

Ganz anders sieht es bei den Bakterien aus: Da zeigte sich kein direkter Zusammenhang zwischen draußen und drinnen. Stattdessen spielten die Bewohner eine maßgebliche Rolle – unter besonderer Berücksichtigung der Haustiere. In Wohnungen etwa mit Hunden und Katzen enthielt der Staub auch Bakterien aus deren Speichel und Fäkalien. Die Wissenschafter konnten dabei sogar allein aufgrund des Türstockstaubs sagen, ob und welche Haustiere gehalten wurden.

Ein weiterer Faktor war das Geschlecht der Bewohner: In den Wohnungen mit weniger Frauen fanden die Staubforscher andere Bakterien als in jenen, in denen weniger Männer wohnten, konkret gab es in Männerwohnungen mehr vom Corynebacterium und vom Dermabacter, die beide auf der Haut leben, sowie mehr Roseburia, die von Fäkalien stammen. Frauenwohnungen wiesen tendenziell eine größere Zahl von Lactobacillus, Bifidobacterium und Lactococcus auf, die "mit Vaginas assoziiert sind", wie es im Fachartikel mehr oder weniger diskret heißt.

Schließlich hat das Team um Barberan auch konkrete Empfehlungen für alle jene Leute, die mit ihren mikrobiellen Mitbewohnern nicht zufrieden sind: "Wer mit anderen Pilzarten leben möchte, sollte umziehen (am besten weit weg). Wer hingegen die Bakterien in seiner Umwelt verändern möchte, muss nur ändern, mit wem er zusammenlebt." (Klaus Taschwer, 26.8.2015)