Kein EU-Land geht mit den gegenwärtigen Flüchtlingsströmen derart brutal und unmenschlich um wie Ungarn unter Viktor Orbán. Täglich verletzen sich Menschen an den messerscharfen Klingen eines Stacheldrahtzauns, der von der Nato als Infanteriewaffe entwickelt wurde. An Sammelpunkten im freien Feld müssen aufgegriffene Flüchtlinge oft stundenlang in der prallen Sonne – oder im Regen – auf ihren Abtransport warten.

Politik und Medien hetzen. Leute aus der Orbán-Partei Fidesz beschwören angebliche Seuchengefahren. Die Wortwahl ist bewusst gesetzt und entmenschlicht die Kriegsvertriebenen und Elendsmigranten. "Illegale Einwanderer", "neue Völkerwanderung", "Türkensturm" – das ist das Vokabular, in dem sich der Fidesz-Sprech von dem der rechtsextremen Jobbik nicht mehr unterscheidet. Es treibt die Bevölkerung in Ängste vor den "Fremden".

Dabei ist Orbáns Flüchtlingspolitik bankrott. Die Menschen durchqueren Ungarn in derselben Zahl, wie sie die gefährliche Überfahrt über die Ostägäis überlebt haben. Aber das ist dem Regierungschef egal. Ihm steht etwas anderes vor Augen: Das Schüren von Psychosen, die Inszenierung eines permanenten "Ausnahmezustands" sind klassische Instrumente des rechten Populismus. Sie homogenisieren eine Gesellschaft, die sonst längst erkennen würde, dass Orbáns Seilschaften das Land ausplündern und der Regierungschef keine Antworten auf Probleme hat. (Gregor Mayer, 26.8.2015)