Wien – Dieses Mal soll es wirklich klappen. Der bereits mehrfach verschobene Arbeitsmarktgipfel der Regierung ist für den September geplant. Einen genauen Termin möchte man vorerst aber nicht veröffentlichen. Die Blamage einer neuerlichen Absage soll auf jeden Fall vermieden werden, wie es in Koalitionskreisen heißt.

Vorerst verhandelt Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) mit ÖVP-Chef und Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner daher hinter den Kulissen. Die beiden sollen den Karren, den die Sozialpartner festgefahren haben, wieder flottmachen.

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Noch herrscht rauer Wind bei den Verhandlungen um ein Arbeitsmarktpaket.
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Die Gespräche werden zwar als "extrem mühsam" beschrieben, ein paar Eckpunkte zeichnen sich aber bereits ab:

  • Bonus-Malus-Regelung: Im Regierungsprogramm war noch von einem Bonus-Malus-System die Rede, das die Beschäftigung älterer Mitarbeiter ankurbeln sollte. Für jede Branche war eine Quote an Mitarbeitern über 55 Jahren gedacht. Wer darüber ist, sollte einen Bonus bekommen, wer darunter ist, einen Malus zahlen. Da die Wirtschaftskammer bis zuletzt jede Form von Quote ablehnte, ist nun eine sehr abgespeckte Variante im Gespräch.

    Die bereits bestehende Auflösungsabgabe (118 Euro pro Dienstverhältnis) soll nach Alter gestaffelt werden. Die Kündigung eines älteren Mitarbeiters wäre also teurer als jene eines jüngeren. Allerdings: Wer gar keine älteren Mitarbeiter beschäftigt, würde bei diesem Modell nicht belastet, weshalb sich der ÖGB das nur als ersten Schritt vorstellen kann, wie der Leitende Sekretär Bernhard Achitz auf Anfrage sagt.

  • Zumutbarkeit: Wie berichtet drängen die Schwarzen auf strengere Zumutbarkeitsbestimmungen. Diese regeln, unter welchen Voraussetzungen Arbeitslose Jobangebote des AMS annehmen müssen. Passe das Gesamtpaket, sei auch die SPÖ für Verschärfungen zu haben, sagt ein Roter. Wahrscheinlich ist, dass man sich Deutschland zum Vorbild nimmt und bei Vollzeitjobs eine tägliche Pendelzeit von 2,5 Stunden (Hin- und Rückfahrt) für zumutbar erklärt. In Österreich sind es derzeit nur zwei Stunden.

    Von AMS-Chef Johannes Kopf kam bereits wiederholt die Anregung, dass Eltern mit Betreuungspflichten zur Annahme von Jobs im Ausmaß von zumindest 20 Wochenstunden (und nicht nur 16 Stunden) verpflichtet werden sollen, weil es schlichtweg kaum 16-Stunden-Jobs gebe. Im städtischen Raum könne das zwar etwas bringen, sagt dazu ÖGB-Vertreter Achitz, in ländlichen Gegenden könne diese Verschärfung aber zu Problemen führen.

  • AMS-Mittel: Auf der Wunschliste der Gewerkschaft steht dafür ein flexiblerer Einsatz der AMS-Mittel. Für ältere Arbeitslose gibt es heuer 150 Millionen Euro zusätzlich und 2016 dann 250 Millionen. Die Gelder sind aber zweckgebunden für die Eingliederungsbeihilfe (eine Förderung für Betriebe) und sozialökonomische Betriebe – im Verhältnis 60 zu 40. Achitz plädiert für die Abschaffung der Zweckbindung, weil dadurch den AMS-Stellen zum Teil das Geld für Schulungsmaßnahmen fehle.

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Die Verhandlungen führen Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (li.) und Sozialminister Rudolf Hundstorfer.
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Parallel dazu wird im Mitterlehner-Kabinett an konjunkturbelebenden Maßnahmen gearbeitet. Im Prinzip geht es um Bereiche, die zwar bereits wiederholt angekündigt, aber noch nicht umgesetzt wurden.

  • Wohnbauoffensive: Bei der Regierungsklausur im März wurde bereits verkündet, dass über Bundeshaftungen (500 Millionen) die Bautätigkeit der Wohnbauträger in den kommenden Jahren um 5,75 Milliarden angekurbelt werden soll. Eine für die Abwicklung geplante Wohnbauinvestitionsbank konnte aber bis jetzt nicht gegründet werden. Verschiedene Varianten werden durchgespielt. Das Finanzministerium möchte vor allem vermeiden, dass der Bund Kapital zuschießen muss.

  • Stromnetze: Ebenfalls ein Dauerthema ist: Bis 2020 sollen rund sechs Milliarden Euro in Stromnetze investiert werden. Da die Verfahren aber oft lange dauern, sollen Genehmigungen künftig rascher erfolgen.

Verhandelt wird auch über einen rascheren Breitbandausbau, den Handwerkerbonus und den Sanierungsscheck (für thermische Sanierungen). Das Problem dabei, wie es ein Verhandler formuliert: "Das Finanzministerium sagt uns: Ihr könnt alles machen, aber kosten darf es keinen Cent." (Günther Oswald, 28.8.2015)