Wien – Nicht rasend optimistisch blickt das Wirtschaftsforschungsinstitut Wifo in die Zukunft. Das Wachstum der EU-Länder mit prognostizierten 1,5 Prozent soll auch heuer deutlich unter jenem der USA liegen, schreibt das Institut in einem aktuellen Vergleich. Der Ausblick sei durch "die strukturbedingte Wachstumsschwäche in vielen Schwellenländern getrübt", eine Trendumkehr am Arbeitsmarkt sei nicht zu erwarten.

Verglichen wurde in der Analyse, wie sich die beiden Regionen seit Ausbruch der Weltwirtschaftskrise 2008 entwickelt haben. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) des Euroraums lag demnach 2015 in etwa auf dem Niveau von 2008 – es gab sogar ein geringfügiges Minus von 0,1 Prozent. Die US-Wirtschaft wuchs im gleichen Zeitraum um elf Prozent.

Kaum Wachstum in Italien

Auch die Arbeitslosenquote lag Anfang 2015 in der EU mit knapp zehn Prozent noch deutlich über dem Vorkrisenniveau. In den USA entwickelte sich der Arbeitsmarkt hingegen deutlich besser, die Arbeitslosenquote entspricht derzeit etwa dem Vorkrisenwert.

Was ebenfalls ins Auge sticht: Italien ist seit Einführung des Euro im Jahr 1999 weniger stark gewachsen als das Krisenland Griechenland (vier Prozent in Italien, fünf Prozent in Griechenland).

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Die EU-Länder holen gegenüber den USA nicht mehr auf.
Foto: epa/TANNEN MAURY

Einmal mehr dokumentiert wird vom Wifo, dass die durch den Euro erhoffte Konvergenz der Wirtschaftssysteme nicht eingetreten ist. Im Gegenteil: Bei zentralen Indikatoren wie BIP pro Kopf, Arbeitslosenquote und Wachstumsrate seien die Ungleichgewichte sogar größer geworden.

Langfristiger Trend gestoppt

Durch die Finanzmarktkrise wurde auch der langfristige Aufholprozess der europäischen Wirtschaft aus den 1990er-Jahren gestoppt, schreibt das Wifo. Hatte das BIP pro Kopf in der EU 1990 noch 64,1 Prozent des Niveaus in den USA betragen, so stieg es bis zum Jahr 2008 auf knapp über 65 Prozent. 2014 lag es mit knapp 62 Prozent dann wieder unter dem Wert aus dem Jahr 1990.

Den Wachstumsrückstand der EU-Länder gegenüber den USA führt das Wifo auf mehrere Faktoren zurück, die für hochentwickelte Volkswirtschaften wichtig sind. Explizit genannt werden Forschungsquote, Anteil der Spitzenuniversitäten, Innovationen, Anteil der Start-ups und hohe Dynamik von Neugründungen. (go, 31.8.2015)