Gitarrist und Sänger James Blood Ulmer blickte auf sein früheres Schaffen zurück und ließ Kollegen wie David Murray viel Soloplatz.

Foto: Peter Moser / Artisual / Saalfelden Leogang

Saalfelden – Es wird keine Winterpause mehr einlegen. Für Jänner 2016 (22. bis 24.) konzipiert Saalfelden im Nexus (neben dem Congress der zweite, kleinere Musikraum) ein neues Festival. Drei Tage lang werden kleinbesetzte Jazzkünste offeriert. Und ideal würde dort auch ein Pianist wie Matthew Shipp hinpassen. Shipp solo passt allerdings in jedes Umfeld, das genau hinhört. Am finalen Tag des Jazzfestivals sitzt der Rhapsode am Klavier, durchreist quasi die eigene Geschichte in Form von Assoziationen über alte Songformen, wobei: Basis ist sein Album I've Been to Many Places.

Das Magische dieses Spiels rührt jedoch nicht nur von den Songvorlagen her. Es ist der nie abebbende intensive Erzählfluss, der zwischen Tradition und Moderne vermittelt: Da taucht ein Fragment aus Tenderness auf, wird aber gleich zum Ausgangspunkt freitonaler Verarbeitung. Shipp ist energetisch nahe bei Cecil Taylor. Individuell wird sein Spiel aber durch bewusste Variation von Material, das er kontrapunktisch extrapoliert oder in Düsterharmonik taucht.

Kathartische Funkjazzexzentrik

Eine farbenreiche Reise durch die Jazzgeschichte, deren gewissen Teil James Blood Ulmer mitgestaltet hat. An der Seite von Ornette Coleman hat der Gitarrist das harmolodische System des Innovators im Sinne des Free Funk mitgedeutet. Und Funk ist immer noch organischer Teil jenes Backgrounds, aus dem heraus Ulmer, als Sänger eindringlich, agiert.

Hier war er sparsam unterwegs. Doch inmitten zweier Drummer und einer Bläsergruppe, in der gar David Murray tätig ist, wird das nicht wirklich zum Problem. Murray reaktiviert sein Können mit exaltierten Selbstentäußerungen, in hohen Regionen des Saxofons findet er den unmittelbaren, schmerzvollen Ausdruck.

Diskret dagegen die Hommage von Posaunist und Pianist Christian Muthspiel an den Komponisten Werner Pirchner, der im ersten Leben ein wichtiger Vibrafonist war. Zusammen mit Gitarrist Harry Pepl bildete er das Jazzzwio, auch daran erinnert Muthspiel – im Trio. Das war Kammermusik, die Schritte Richtung Unbeschwertheit wagte, aber dann doch von respektvoller Zuneigung zum Original geprägt war. Etwas mehr von Pirchners anarchischer Kraft hätte gutgetan. Bei einem Festival, das mit Ulmers hitziger, schräger Funkjazzexzentrik kathartisch zu Ende ging. (Ljubisa Tosic, 1.9.2015)