Nein, mit dem Adidas-Deal hat das neue Dings nix zu tun, beteuert Stefanie Endfellner. Und dass "ihr" Unternehmen gerade um schlappe 220 Millionen Euro vom großen deutschen Sport-Konzern aufgekauft wurde, ändere auch nichts an ihrem Job oder dem Portfolio des megaerfolgreichen österreichischen Fitness-App-Anbieters "Runtastic", den der Oberösterreicher Florian Gschwandtner mit ein paar Kollegen 2009 im Rahmen eines Projektes für die FH Oberösterreich in Pasching entwickelt hat – und bei dem sich 2013 der Springer Verlag mit 50 Prozent beteiligte. Kolportierter Firmenwert damals: 22 Millionen Euro.

Runtastische Zukunft

Doch dass Endfellner, PR- und Marketingexpertin beim mittlerweile auf 140 Mitarbeiter ("die meisten in Europa – und einer im Silicon Valley") gewachsenen Lauf- und Wasauchsonstnochmanbeimsportelntrackenkann-App-Hersteller, Mitte August in Wien die Journalisten-Ochsentour antrat, hatte einen anderen Grund. Obwohl natürlich jeder Kollege und jede Kollegin gerne Details über den Adidas-Deal und ein bisserl mehr über die runtastische Zukunft im Zeichen der drei Streifen gehört hätte, als Endfellner erzählen konntedurftewollte: "Derzeit bleibt alles gleich – aber natürlich ist es eine tolle Sache, wenn wir in so einem Konzern am Knowhow-Austausch und der Entwicklung teilhaben können." Aber: "Nein, es gibt noch keine konkreten Pläne und Projekte. Weder zur Implementierung von Runtastic-Hard- oder Softwareteilen in Adidas-Produkte, noch über eine Verbindung zwischen den Adidas-Tracking- und Sport-Datenverarbeitungs-Tools zu uns."

Und das, obwohl da auf der Konzern-Homepage bei der Erklärung über den Einstieg bei Runtastic just die Pionierarbeit der Deutschen bei der sportlichen Datenanalyse herausgestrichen wird: "adidas war die erste Marke der Branche, die die Datenanalyse umfassend bei Athleten angewandt hat. Dank ihrer über Jahrzehnte hinweg fortlaufenden Investitionen … hat die adidas Gruppe mehr als jedes andere Sportunternehmen getan, um Sportinnovationen und branchenverändernde Technologien zu entwickeln."

Andererseits: dass man nach so einem Coup etwaige grundlegende Neuerungen nicht bei einem Kaffee an der Hotelbar kommunizieren würde, ist irgendwie auch klar. Und so konnte Julia Endfellner endlich zum Thema kommen: Einem neuen "Wearable", das Runtastic Anfang September auf den Markt bringt.

Foto: Thomas Rottenberg

Wie Sand am Meer

"Wearables" sind keine Sport-Tracker. Zumindest nicht im engeren Sinn: "Wearables" ist – bei den meisten Unternehmen – ein Begriff, unter dem man nicht zuletzt "Activitytracker" anpreist. Also jene Armbänder oder sonstigen Geräte, die Schritte zählen, Kalorien berechnen, eventuell den Schlaf überwachen – und dem Träger oder der Trägerin auf 1001 Arten signalisieren, dass sie gefälligst aufstehen und ein paar Schritte machen sollten. Oder aber, dass sie das Plan-Soll für heute erfüllt haben.

Activitytracker gibt es wie Sand am Meer. Runtastic selbst verweist auf 56 Wearable-Unternehmen, die bei der CES 2015, der mutmaßlich größten Consumer-Tech-Messe der Welt, präsent waren. Und so gut wie jedes bessere Smartphone hat heute eine Activity-App schon in der Grundausstattung integriert. Naheliegende Frage: Trägt man hier Eulen nach Athen?

Das Missing Link

Naheliegende Company-Antwort: Natürlich nicht. Sagt zumindest die firmeneigene Marktforschung. Denn zum einen wachse der Markt immer noch – und zum anderen fehle den meisten Activitytrackern etwas ganz ganz Wesentliches: Schick. Und Style. "Die meisten Armbänder werden gerade ein paar Wochen getragen. Dann liegen sie herum. Und Sportuhren, also richtige Sportcomputer, sind für diese Zielgruppe zu elaboriert – und zu wenig schick."

Das Missing Link, meint man bei Runtastic, sei im Grunde rasch gefunden: Eine Uhr. Allerdings eben keine, die wie die Lauf-Dinger von Polar, Garmin oder Suunto aussehen – sondern eine "echte" Uhr. Endfellner: "Eine mit analoger Anzeige. Und echten Zeigern." Sagt es – und nimmt (ab diesem Moment erwartungsgemäß) die Damenuhr von ihrem Handgelenk, die auf den ersten Blick so gar nicht nach Sport, Aktivität oder Hightech aussieht: Mit der "Moment"-Serie wolle und werde man genau diese Zielgruppe erreichen, erklärt sie dann. Also Menschen, die zwar über ihr Aktivitätslevel informiert sein wollen – aber statt einem komischen Armband eine echte Uhr tragen wollen. "Und das sind gar nicht so wenige," kommt die PR-Dame meiner Frage, ob Armbanduhren – abgesehen von teuren Sammlerstücken und Menschen in Business-Outfit-Trägern – aufgrund omnipräsenter Smartphones nicht längst die Zielgruppe weggebrochen sei.

Runtastic und Polar im Vergleich.
Foto: Thomas Rottenberg

Vier Ausführungen für Damen und Herren

Soll sein. Darum gibt es die "Moment" auch in vier unterschiedlich edlen (bis 100 Meter wasserdichten) Grundausführungen in Herren- und Damenversionen – und auch in allerlei Farben und Ausstattungen: Etwa mit Lederarmband, kratzfestem Glas, Edelstahlgehäuse, fluoreszierendem Ziffernblatt, Vibrationsalarmen, und so weiter.

In der Funktionalität sind aber alle Modelle faktisch ident: Sie messen Schritte und Schlaf, berechnen zurückgelegte Distanzen und Kalorien – und kommunizieren diese Daten dann an die Runtastic-Apps am Smartphone. Über die kann der User dann auch die diversen Detailergebnisse ablesen – schließlich wäre es ein bisserl schwierig, mit drei Zeigern einer Uhr exakt gezählte Schrittzahlen darzustellen. Oder Kalorien.

Sollte man die Uhr – etwa beim Laufen, weil Pulsmessen kann sie ja im Gegensatz zu anderen Runtastic-Teilen nicht – ablegen, werden diese Daten danach ebenso über App und Uhr wieder synchronisiert und auf einen gemeinsamen Stand gebracht.

Foto: Thomas Rottenberg

Gut aussehen und Daten sammeln

Die nächste Frage ergibt sich dann zwingend: Wozu braucht man eine Activity-Tracker-Uhr, wenn Apps am Smartphone doch ohnehin von sich aus genau das gleiche messen können – und die Daten auch noch genauer und vielfältiger auswerten und interpretieren? Hier übernimmt Runtastic CEO Gschwandter per Presseaussendung: "Die Uhr ist bei Herren genauso wie bei Damen das beliebteste Schmuckstück. Deshalb sind wir stolz, unserer Community ein qualitatives Produkt anbieten zu können, das es ihnen erlaubt, toll auszusehen und gleichzeitig interessante, vielleicht sogar lebensverändernde Daten zu sammeln."

Hm. Mich überzeugt das zwar nicht – aber vermutlich bin ich schlicht und einfach nicht Zielgruppe. Denn nur aus Jux und Tollerei und ganz ohne sich recht genau umgehört zu haben, wonach die Leute lechzen, launcht man so ein Produkt nicht. Zumindest nicht, wenn man in den Jahren zuvor so ziemlich alles richtig gemacht hat – und für das eigene Werkel gerade 220 Millionen Euro bekommen hat.

Einige Modelle aus der "Moment"-Reihe.
Foto: Runtastic

Die runtastic "Moment" gibt es in den Linien "Basic", "Fun", "Classic" und "Elite". Basic & Fun kosten 129,99€, Classic & Elite gibt es um 199,99€.

Zu finden sind die Uhren derzeit im Runtastic-Online-Shop , demnächst angeblich auch im Fachhandel. (Thomas Rottenberg, 6.9.2015)