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Meryl Streep gibt in Jonathan Demmes Kömodie "Ricki and the Flash" die rüstige titelgebende Rock-'n'-Roll-Veteranin, die nichts mehr erschüttern kann.

Foto: AP/Sony

Deutscher Trailer.

vipmagazin

Englischer Trailer.

Sony Pictures Entertainment

Wien – Ein ungewöhnlicher Anblick, der über die Bühne des Films ein wenig hinausstrahlt: In der Eckbar unseres Vertrauens kann man einer Band dabei zusehen, wie sie sich ihre Freude an alten Hadern bewahrt hat. Bei den Musikern, die hier beherzt dem Durchschnitt frönen, handelt es sich um eine recht eklektische Mischung: An der Gitarre steht der Australier Rick Springfield, der in den 1980er-Jahren ein paar Hits und den Musikfilm Hard to Hold einspielte, am Bass steht der vor kurzem verstorbene Rick Rosas, und als Sängerin legt sich keine Geringere als Meryl Streep mit Lederjacke und Hippie-Zöpfen ins Zeug.

Richtig gelesen, Jonathan Demmes jüngste Komödie Ricki and the Flash (Ricki – Wie Familie so ist) bietet der 19-fach oscarnominierten US-Schauspielerin eine Rolle, in der man sie bisher noch selten gesehen hat. Auch wenn der Part wegen der etwas zu ostentativ zur Schau gestellten Mich-kann-nichts-mehr-erschüttern-Attitüde wohl nicht zu ihren Highlights gerechnet werden muss, kann man Streep ansehen, dass sie gerne ins Gewand einer rüstigen Rockdiva geschlüpft ist – und dabei auch in den Gesangsnummern überzeugt.

Noch mehr als Streeps Film ist Ricki and the Flash allerdings jener von Jonathan Demme. Beim heute beginnenden Filmfestival von Venedig wird dem 71-jährigen US-Regisseur der Visionary Talent Award verliehen, zudem wird er dort die Jury der Orizzonti-Sektion leiten. Demme, zu dessen bekanntesten Filmen der Thriller Das Schweigen der Lämmer, das oscarprämierte Aids-Drama Philadelphia und der Talking-Heads-Konzertfilm Stop Making Sense gehören, ist einer der prononciertesten "Hollywood-Liberals", beweist in seinen Arbeiten viel Sensibilität für die Stimmungslage der Nation und beschwört oftmals ein Neben- und Miteinander, in dem sich gesellschaftliche Differenzen aufheben.

Ricki and the Flash erinnert in mancher Hinsicht an Rachel Getting Married von 2008 – nicht nur, was das Hochzeits- und Familienmotiv betrifft. Mit dem Unterschied, dass der neue Film von Diablo Cody (Juno) geschrieben wurde, was man vor allem am Umgang mit der Frauenfigur sieht, die sich für die Musik und damit gegen eine zumindest traditionelle Mutterrolle entschieden hat. Ricki wird nun jedoch von ihrem Exmann Pete (Kevin Kline) in dessen bürgerlich-schnieke Familienresidenz geholt, weil er ihrer Unterstützung bei der Betreuung der gemeinsamen Tochter Julie (Mamie Gummer, Streeps richtige Tochter) bedarf: Frisch von ihrem Mann verlassen, bockt diese gerade gegen jede Form von Zuwendung.

Sitcom-Feeling

Die familiären Konfrontationen sind unausweichlich – nicht zuletzt aufgrund zweier weiterer, nicht eben maulfauler Kinder, von denen eines kurz vor der ökologiebewussten Traumhochzeit steht. Codys Dialoge sind immer wieder erfrischend bösartig und pointiert, dennoch wirken Milieu und Handlungsverlauf von Ricki and the Flash etwas künstlich. Bühnenhafte Settings tragen überdies zum Sitcom-Feeling des Films bei.

Zu den vielschichtigeren Momenten gehören jene, in denen Streep und Kline mit Nuancen ein Paar verkörpern, das zumindest in der Erinnerung noch einiges zusammenhält. Den anderen Teil übernimmt die Musik, die jenes Zusammengehörigkeitsgefühl aufbereitet, von dem Demme letzt-lich doch ein wenig zu forciert schwärmt. (Dominik Kamalzadeh, 2.9.2015)