Foto: Claudia Bieber/Vetmeduni Vienna

Wien – Seinen deutschen Namen erhielt der Siebenschläfer (Glis glis) wegen des angeblich siebenmonatigen Winterschlafs. Dabei ruht er im Schnitt acht Monate, von September bis Anfang Mai. Forscher der Veterinärmedizinischen Universität Wien berichten nun im "Journal of Comparative Physiology B", dass die Nagetiere in Jahren mit wenig Futter bereits im Juni mit dem Winterschlaf beginnen – und mehr als elf Monate schlafen können.

Ein Winterschlaf von bis zu 11,4 Monaten sei weltrekordverdächtig, erklärte Claudia Bieber vom Forschungsinstitut für Wildtierkunde und Ökologie der Vetmeduni in einer Aussendung. Diese extremen Werte treten allerdings nicht jedes Jahr auf, sondern nur bei geringer Buchenmast, also wenn die Rotbuchen nur wenige Samen produzieren.

Höhere Überlebenschancen

Von dieser extrem energiereichen Nahrung ist die erfolgreiche Reproduktion und Aufzucht der Jungen abhängig. Fehlt dieses Futter, wählen Siebenschläfer häufig den frühen Winterschlaf. Als mögliche Erklärung für das Phänomen nennen die Wissenschafter eine höhere Überlebenswahrscheinlichkeit. Im Winterschlafquartier tief unter der Erde sind sie vor Räubern wie etwa Kauzen sicher.

Allerdings begeben sich nicht alle Tiere einer Population so früh zur Ruhe. Nur jene Siebenschläfer, die relativ hohe Körperfettreserven durch alternative Nahrung angesammelt haben, beginnen schon im Sommer ihren Winterschlaf. Bei weniger Fettreserven bleiben sie aktiv oder zeigen kürzere Phasen von sogenanntem Sommerschlaf.

Winterschlaf auch bei mildem Klima

"Unsere Ergebnisse widersprechen der gängigen Theorie, dass der Winterschlaf lediglich dazu dient, widrige Klimaverhältnisse und schlechte Futterbedingungen zu überdauern", sagte Bieber. Auch bei mildem Klima und ausreichend Futter kann der Winterschlaf eine Option sein, wenn die Reproduktion aussichtslos ist.

Die Siebenschläfer dürften durch die extreme Nutzung des Winterschlafs jedenfalls ein hohes Alter erreichen, einige Tiere werden bis zu zwölf Jahre alt. Durch den langen Schlaf weichen sie nicht nur Ihren Feinden aus. Wissenschafter des Instituts für Wildtierkunde zeigten im Vorjahr erstmals, dass der Winterschlaf auch den Alterungsprozess der Siebenschläfer verlangsamt.

Die Forscher untersuchten dazu die Telomerlängen der Tiere. Telomere sind DNA-Stücke an den Enden der Chromosomen, die bei jeder Zellteilung kürzer werden und deshalb als Marker für den Alterungsprozess gelten. Je länger die Tiere in der Winterschlafphase waren, desto länger waren auch ihre Telomere. (APA, red, 8.9.2015)